Samstag, 27. Oktober 2018

Paul Williams in NRW

Zwei Objekt, die ich nur der Sorgfalt meines Antiquariats verdanke, sind die Ausgaben des Fantastischen Forums. Diese Hauszeitschrift des Aktionskreises Fantastik erscheint von 1990 bis mindestens zur Nummer 17 im Jahre 1998. Im Format A5 wirkt sie wie ein besseres Fanzine, die Beiträge heben sich in der Qualität aber unbedingt von denen der Egozines der Zeit ab. So enthält Ausgabe 5 von 1991 Beiträge von Erik Simon, bekannt als Strugatzki-Kenner und Übersetzer, und dem britischen Science Fiction Schriftsteller Ian Watson.
Programm der 4. Science Fiction-Tage NRW, eine Beilage des
Fantastischen Forums 5 von 1991
Wirklich spannend für den Sammler von Philip K. Dick ist aber das der Nummer 5 beigelegte aufwändige Programm der 4. Science Fiction-Tage NRW in Düsseldorf im Jahr 1991. Es enthält das Essay Das Leben eines SF-Schriftstellers von Philip K. Dick, im Original Tips for a Beginning Writer von 1964 und den Text Philip K. Dick ist seit zehn Jahren tot. Was höchst bedauerlich ist! von Paul Williams. Dieser letzte Text ist wohl nicht auf Englisch erschienen. Die Tips sind unter verschiedenen Titeln erschienen, ungekürzt wohl nur in der PKDS Newsletter 26 (1991) unter dem Titel The Life of an S-F Writer – und hier auf Deutsch. Gekürzt ist der Text 1964 im Fanzine Galactic Outpost in der Nummer #3 (Sommer) erschienen, auch wenn Williams in der Einführung meint, es wäre die #2 (Frühjahr); diese deutlich gekürzte Fassung ist auch in PKD Otaku #33 nachgedruckt.
Diese Beiträge erklären sich dadurch, dass Paul Williams Teilnehmer der 4. Science Fiction Tage in NRW war, um dort über Philip K. Dick zu erzählen. Die Artikel hat er dann wohl mitgebracht. Enthalten ist daher auch der Artikel Über Paul Williams (und Philip K. Dick); ein Autor ist nicht genannt. Dort steht über Williams Mitwirken an den SF-Tagen:
Paul Williams wird auf den 4. Science Fiction-Tagen über Dicks Faszination von Deutschland und der deutschen Sprache reden, die er während Dicks High School-Zeit begann und sein Leben und Bücher in manch überraschender Weise beeinflusste. Er wird ebenfalls an einem Panel teilnehmen und sein Bestes geben, um Fragen über Dick zu beantworten. Es ist schade, daß Philip K. Dick nicht mehr unter uns ist, um auf dieser Convention zu sein, aber Paul Williams wird tun, was er kann, um Dicks Geheimnis ein wenig zu lüften.
Der Text lässt vermuten, dass Williams ihn selbst geschrieben hat. Der Verweis auf Dicks Verhältnis zu Deutschland ist spannend und es ist mehr als schade, dass der Vortrag wohl komplett verloren gegangen ist. Man kann vermuten, dass er auf Williams unveröffentlichtem Manuskript Philip K. Dick's Romance with Germany basiert. In der PKDS Newsletter 29 (Seite 11) findet sich ein kurzer Brief von Karl-Heinz Wiedemann, der an den Vortrag anschliesst und ein wenig von Williams Vortrag erahnen lässt: "… if Dick will one day be 'acknowledge'  [like] Faulkner and Hemmingway …"
Erstaunlicherweise lassen sich einige Nummern des Fantastischen Forums noch erwerben – für sehr wenig Geld beim erwähnten Antiquariat, Twilight Books [Update: Twilight Books verkauft nur noch über Booklooker]. Hier wurden diese beiden Ausgaben nämlich mit dem Schlagwort Philip K. Dick angeboten, ich hätte sie sonst nie gefunden. Es finden sich nämlich sonst im Internet oder der mir verfügbaren Literatur keine Spuren von diesen Veröffentlichungen und daher auch keine Verweise auf die drei Beiträge von und zu Dick und Williams. Ich frage mich, wie viel Spannendes von Dick mir wohl entgeht und beklage hier wieder einmal die Bedrohung und mutmasslich auch den Massenverlust von Szene-Veröffentlichungen dieser Art, das spurlose Verschwinden unendlich vieler Ausgaben von Fanzines, Egozines, und Clubzeitschriften mit grossenteils einmaligen Veröffentlichungen. Ich sehe hier fast keine Rettungsaktivitäten.
Der Web-Tipp ist dieses mal der Treffpunkt Phantastik, ein kluger und aktueller Blog, der sich als Tummelplatz deutschsprachiger Sekundärliteratur zur phantastischen Literatur sieht und der auch gelegentlich Fanzines et al. behandelt. Philip K. Dick kommt (fast) nicht vor, das ist wohl ein Hinweis darauf, dass es wenig deutschsprachige Sekundärliteratur über ihm gibt.
Die bibliographischen Details zu den Artikel oben finden sich auf den Seiten Essays und anderes (nach Quelle) und Sekundärliteratur nach Autoren hier im Blog. Und mehr zur Ausgabe 6 des Fantastischen Forums in einem späteren Blogeintrag.

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