Samstag, 13. April 2019

Sekundär seltsame Welten

Edition Futurum, Nummer 7 über Philip K. Dick
Die seltsamen Welten des Philip K. Dick bei Corian (1984)
Ich habe versprochen – oder zumindest angekündigt – in diesem Blog verstärkt auch deutsche Sekundärliteratur zu Philip K. Dick zu betrachten. Das ist nicht ganz so einfach, gibt es doch im Vergleich zum angelsächsischen Sprachraum kaum eigenständige Beiträge zum Thema.
Eine Beteiligung in diesem Bereich stammt (natürlich) von Uwe Anton. Schon 1984 hat der Corian-Verlag Die seltsamen Welten des Philip K. Dick herausgegeben, als Band 7 der Reihe Edition Futurum. Diese Reihe beschäftigt sich in wohl zehn Bänden mit Themen und Schriftstellern der Science Fiction und Phantastik. Auf Dick folgt in der Edition Futurum mit Band 8 übrigens Stanislaw Lem, auch hier begegnen sich die beiden.
In der Science Fiction Times 7 (Juli) von 1985 findet sich eine Rezension der seltsamen Welten von Klaus W. Pietrek, die alleine schon diesen Blogeintrag wert ist (in der Rechtschreibung von 1985):
Dick, der Pirandello der SF, war ein unsteter und komplexer Geist, zu komplex, um ihm im Rahmen der vorliegenden Texte ganz gerecht zu werden. Dennoch ist ein Umriß seiner Persönlichkeit und seiner Arbeit gelungen, und angesichts der Frage, ob die seit seinem Tod aus amerikanischen Verlagsböden sprießenden Sekundärwerke je einen deutschen Lizenznehmer finden werden, steht unzweifelhaft fest, daß DIE SELTSAMEN WELTEN DES PHILIP K. DICK eine der wichtigsten Abhandlungen ist, die in den letzten Jahrzehnten auf dem Gebiet der SF in der BRD herausgegeben wurde.
Der Bezug auf Luigi Pirandello, immerhin Nobelpreisträger für Literatur, erschliesst sich mir nicht, war dieser doch Dramatiker, psychisch gänzlich gesund und nur einmal (allerdings mit einer psychisch kranken Frau) verheiratet. Es gibt von ihm allerdings, wie von Dick, ein umfassendes Kurzgeschichtenwerk.
Die Frage zu den deutschen Lizenznehmern ist wohl mittlerweile, wie von Pietrek erwartet, negativ beantwortet, fast kein Werk der Sekundärliteratur wurde auf Deutsch herausgegeben. Vielleicht ist das heute, da amerikanische Literatur (auch antiquarisch) im Gegensatz zu 1985 in Deutschland gut erreichbar ist, nicht mehr so schlimm. Und wer (über) Dick liest, liest auch Englisch; vermutlich.
Was ist dieses Buch nun? Keine Monographie, eher eine Sammlung von Essays, fast schon ein Reader, da auch einige Essays und Kurzgeschichten von Dick selbst hier veröffentlicht sind (und als Reader ist es in diesem Blog hier schon mal erschienen). Anton selbst steuert Eine Einführung in Leben und Werk bei und Ist Gott ein negantropisches Wirbelfeld?, ein Essay zu Valis, bei. Von Dick finden sich zwei Kurzgeschichten, Ruug und, in deutscher Erstveröffentlichung, Ihre eigene Welt [The World She Wanted] sowie Essays, u. a. Der Mensch, der Androide und die Maschine [Man, Android and Machine]. Auch erscheint hier ein Brief von Dick an einen ungenannten Adressaten, vielleicht Anton selbst. Abgerundet wird das Buch vom Michael Bischops Vorwort von Ubik.
Anton schliesst das Buch mit einer ausführlichen Bibliographie der amerikanischen Erstausgaben sowie aller deutscher Veröffentlichungen, seinerzeit sicher eine wertvolle Hilfe.
Fast alle Artikel des Buches finden sich auch an anderer Stelle, allerdings häufig schwer zu finden in Zeitschriften oder gar nicht auf Deutsch. Dieses Buch ist so auch heute noch eine wertvolle Hilfe für jeden an Dick Interessierten und verpflichtend für jede Sammlung.
Der Corian-Verlag, eigentlich der Corian-Verlag Heinrich Wimmer, hat zum Schluss auch die Science Fiction Times herausgebracht, in der wiederum zahlreiche Beiträge zu Dick erschienen waren, viele davon von Uwe Anton, der auch zeitweise Herausgeber der SFT war. Derzeit ist der Status des Verlags etwas unklar, es gibt eine erreichbare (aber sichtlich angeschlagene) Seite im Netz, die häufig irrende Wikipedia behauptet gegensätzliches. Corian wäre sicher ein Verlust.
Verschiedene Auflagen oder Varianten der Seltsamen Welten sind (mir) nicht bekannt. Finden lässt sich das Buch an den üblichen Orten ohne ganz grosse Probleme, für ein Schnäppchen muss – und sollte – man eine Weile fischen, die Preise schwanken stark.
Viele Ausgaben der Science Fiction Times lassen sich übrigens bei der langsam aber stetig wachsenden Seite der Science Fiction Times auch online nachlesen, auch die oben zitierte 7/85.
Die bibliographischen Details zum Buch finden sich auf der Seite der Einzelausgaben, da sich von Corian nur dieses eine Buch in der Sammlung findet.

Preise

Uwe Anton: "Die seltsamen Welten des Philip K. Dick" liegen antiquarisch bei 40€–100€. Disclaimer

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