Nach meinem Beitrag in der vorigen Woche verdienen noch einige weitere Filme des
European Philip K. Dick Film Festivals einer Erwähnung – nach meiner gänzlich subjektiven Wertung.
Am Donnerstag,
dem ersten Tag, folgten in Block 2:
Fleisch und Maschine elf Filme. Der argentinische Kurzfilm
Tatu beeindruckt mit animierten Robotern, aber das einsame Mädchen in der Großstadt in
I Don't Want to be Alone ist nicht nur enorm bildstark sondern auch emotionaler - und zitiert
Blade Runner ganz direkt in der ersten Szene.
Und auch in diesem zweiten Block gab es einen deutschen Beitrag,
Zoe von Leif Brunnie über dessen Entstehung man auch
direkt beim Filmemmacher nachlesen kann. Ein Zero-Budget-Film mit einem PKD-Thema. Und ein Film, den ich gerne weitersehen wollte … Der Abend geht dann spät zu Ende, nach Arbeit und Anfahrt vielleicht ein bisschen zu spät.
Nach einem kulturvollen Tag in Köln gänzlich ohne Philip K. Dick, einem Feiertag, an dem die Antiquarite leider geschlossen hatten, hiess dann
am Freitag Abend der erste Block
Jenseits von Verstand und Glauben.
Der erste Film des Abends war
The Nine Billion Names of God, der auf einer Kurzgeschichte (auch wenn es im Abspann
based on the book steht, ist es doch eine Kurzgeschichte) vom grossen Arthur C. Clarke von 1954 beruht (
zum Trailer). Der deutsche Titel ist
Die neun Milliarden Namen Gottes, erstmalig bei Ullstein (1959) in der Anthologie
Nur ein Marsweib und andere Science Fiction-Stories erschienen. Für mich war dieser Film mit seinen grossartigen Bildern – der Himalaya, ein buddhistisches Kloster, Mönche in orangenen Roben und dem Stil der 50er Jahre – unbedingt eines der Highlights des Festivals. Auch wenn die diese typische Kurzgeschichte der 50er Jahre eine (etwas vorhersehbare) Pointe hatte.
Gedreht in Köln ist
Eva – A CRISPR Story von Regisseur Puneet Bharill, der auch (wie in der No- und Low-Budget-Szene üblich) das Drehbuch geschrieben hat (und vermutlich sonst allerlei besorgt hat, was nötig war). Die Story greift das Thema Genmanipulation auf, die namensgebende CRISPR/Cas-Methode ist ein relativ neues, sehr mächtiges Werkzeug in diesem Umfeld und es wird (ohne Übertreibung: vermutlich die Welt verändern. Der wissenschaftliche Sachverstand der Macher beflügelt den Film und die schwierige Thematik braucht sicher mehr Aufmerksamkeit in unserer Gesellschaft.
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Das Programm des Philip K. Dick Science Fiction Film
Festivals in Köln für 2019 – das Motiv ist dem Kurzfilm
Mise En Abyme entnommen und zeigt einen Sammler,
allerdings nicht von Büchern sondern anderndings; das
Programm ist natürlich in die Sammlung gekommen |
Dem hoch professionellen und optisch perfekten
Mise En Abyme über einen Sammler (von Schmetterlingen) ist auch das Motiv der Film Festivals entnommen, das ist kein Zufall. Auf Vimeo kann man nicht nur den
Trailer finden, sondern, neben Storyboard,
making of und Interview mit dem Hauptdarsteller, auch
einen Beitrag des italienischen Regisseurs Edoardo Smerilli. Smerilli hat das Drehbuch selbst geschrieben und er nennt Dick und sein Werk als Inspiration – und zeigt es auch. Eigentlich ist dieser Kurzfilm ein Beitrag für den zweiten Block des Tages, den
Dick-Block. Den Sammler lässt der Film ein wenig unruhig zurück.
Ausser einigen grossen Namen bei den Autoren – King, Clarke, Dick – finden sich auch einige sehr bekannte Schauspieler. In
Who is Martin Danzig? von Michael Baker spielen Walter Koenig und Kevin Page. Koenig ist bekannt oder eigentlich berühmt für seine Rolle als
Pavel Chekov in der Fernsehserie
Raumschiff Enterprise und den zugehörigen Kinofilmen. Page ist bekannt für Auftritte in diversen Serien, in Deutschland sind davon wohl die Sitcom
Seinfeld und die SF-Serie
Babylon 5 am bekanntesten. Ein besinnliches Ende dieses Blocks.
Vor der Pause, dem
break with the directors, kann Autor und Regisseur Puneet Bharill, der mit seiner Hauptdarstellerin Isabel Sáez Martínez und vielen Freunden und weiteren Mitwirkenden gekommen ist, noch über seinen Film, seine Absichten und das
making of erzählen. Interessanterweise ist der Film zentral ausgewählt und nicht als lokaler Beitrag des Kölner Festivals hinzugenommen.
Der zweite Block am Freitag mit dem Titel
Kult, Verschwörung und Paranoia hatte die wohl direktesten Verbindungen zu Dick. Der erste der sechs Filme ist auch die einzigen Verfilmung eines Stoffes von Dick selbst,
Beyond the Door. Analog zu
The Pipers von Ammar Quteineh, der im vergangenen Jahr gezeigt wurde, basiert auch dieser Film auf einer der Kurzgeschichten von Dick, die in den USA in die
Public Domain gefallen sind (
Details dazu gibt kann man hier nachlesen) und somit auch für Projekte mit einem kleinen Budget erreichbar. Denn man kann annehmen, dass der Trust seine Stoffe teuer verkaufen will (oder muss?) und sie solche einem kleinen Independent Projekt kaum günstig überlassen würde. Der Film weicht von der Geschichte ab und formuliert und interpretiert sie neu, Ehebruch ist schliesslich heute kein so existenzielles Problem mehr wie in den 50er Jahren, die zentrale Idee bleibt dabei auch erhalten.
Dicks Erzählung
Beyond the Door ist als
Jenseits der Tür übersetzt und – wie
Pfeifer im Wald – auf Deutsch nur in den
Sämtlichen Erzählungen erschienen. Auch auf Englisch ist sie nach der Erstpublikation in
Fantastic Universe (Januar 1954) erst in den
Collected Stories erneut erschienen, auch
die Encyclopedia Dickiana hat wenig dazu zu sagen.
Der folgende Film
Sereget bringt uns wieder direkt zum Horror des Halloween-Abends zurück. Ein Haus in der Nacht, eine schwangere Frau und Aliens von der wirklich unfreundlichen Sorte sind dafür das richtige Rezept. Vermutlich wirklich grossartig, aber für mich geht so etwas nur an Halloween. Und mein Eindruck ist auch, dass in diesem Jahr etwas mehr
Grusel-Motive im Programm waren, vermutlich lag das auch am Datum. Der folgende französische Film
Diversion war ein weiteres Highlight des Abends. Ganz ohne s
pecial effects aus dem Computer erzählt er eine phantastische Geschichte mit Horror-Elementen, aber Humor und letztlich einem Science Fiction Ende und bleibt dabei ganz französisch. Ein Film der in Erinnerung bleiben wird.
Das folgende
Simulations –
hier geht es zum Trailer – ist wieder ein originäres Motiv von Philip K. Dick, das auch optische Anleihen bei
Die totale Erinnerung – Total Recall nimmt, allerdings hätte Dick die Geschichte wohl etwas einfacher strukturiert: Es war ein bisschen zu viele Ideen für einen kurzen Film.
Auch 2019 war das
Philip K. Dick Science Fiction Film Festival wieder ein grosses Erlebnis im PKD Terminkalender. Der persönliche Kontakt mit Filmemachern und Veranstaltern ist faszinierend, insbesondere für den Sammler Papierernens, der mit Film eher wenig zu tun hat und eher passiv und unkundig konsumiert – was ich jetzt, auch im Blog, ein wenig ändern möchte. Nicht nur die Verfilmung von
Blade Runner ist einen zweiten Blick wert.
Nachtrag
Die Sieger des Festivals sind nun auch verkündet:
- BEST SCI-FI SHORT: TOMORROW MIGHT BE THE DAY
- BEST HORROR SHORT: CHROMOPHOBIA
- BEST SHORT DOCUMENTARY: HUNTING FOR HUXLEY
- BEST PHILIP K DICK SHORT: THE NEXT 60 DAYS
- BEST AUDIENCE AWARD: THE 9 BILLION NAMES OF GOD
- BEST NEW MEDiA MICROSHORT: I CAN