Samstag, 12. Oktober 2024

Hochzeitstag (II.)

Philip K. Dick war fünfmal verheiratet. Das hinterlässt Spuren: in der Oakland Tribune vom 15. Juni 1950 findet sich das Aufgebot von Dicks zweiter Ehe, er heiratet die 19-Jährige Kleo Apostolides.
Geheiratet haben Apostolides und Dick tatsächlich schon am 14. Juni, offenbar haben sie das Aufgebot (license) unmittelbar vor der Hochzeit bestellt, das ist in den USA nicht unüblich. Die beiden sind neun Jahre verheiratet, das ist länger als Dicks andere Ehen halten. Und Dick beginnt seine schriftstellerische Karriere in dieser Zeit.
Der sechste Eintrag in der Spalte Licenses Issued: DICKAPOSTOLIDES
Scan ist Courtesy of the California Digital Newspaper Collection, Center for Bibliographic Studies and Research, University of California, Riverside, http://cdnc.ucr.edu
Über Kleo ist leidlich viel bekannt. Im Gegensatz zu Anne und Tessa hat sie selbst nicht publiziert, Sutin hat aber ein Kapitel zu ihr. Ihrer Tochter aus zweiter Ehe, Anne Mini, erzählt hat sich über den ersten Mann ihrer Mutter und deren Beziehung geäussert. (Anne Mini sagt in dem Interview mit Bezug auf 2-3-74 auch: “… Kleo [has]  written about this event, …”; mir zumindest ist aber keine derartige Publikation bekannt.) In jedem Fall hat Kleo ihren Mann am Anfang seiner Karriere unterstützt – und mit ihm gelitten: In seiner Einführung zur Kurzgeschichtensammlung Der goldene Mann schreibt Dick:
[…] Das hat mit einem Aspekt zu tun, der […] im Leben vieler freiberuflicher Schriftsteller eine Rolle spielt. Dieser Aspekt heißt Armut.
Heute lache ich darüber, und ich fühle gleichzeitig so etwas wie Nostalgie, denn in vieler Hinsicht waren diese Tage die schönsten für mich, besonders in den frühen fünfziger Jahren, als meine Karriere als Schriftsteller begann. Wir waren arm, oder richtiger, wir – meine Frau Kleo und ich – waren bettelarm. Und uns gefiel das kein bißchen. Armut festigt nicht den Charakter. Das ist ein Mythos. Aber sie macht einen guten Buchhalter aus einem; man zählt genau. Besonders das Geld, wenig Geld, zählt man immer wieder und dreht jeden Pfennig zweimal um, ehe man ihn ausgibt.
Später beschreibt er, wie er (in einer oft zitierten Szene) im Tierbedarfsgeschäft Lucky Dog Pet Shop versucht, Hundefutter zu kaufen – um es selbst zu essen. Es waren harte Zeiten für Kleo und ihn, aber offenbar – zumindest in der Rückschau – auch schöne Zeiten, das spricht für Kleo.
Wie eng der Kontakt von Kleos Tochter Mini mit Dick war, wird unterschiedlich bewertet. Mini ist selbst als Schriftstellerin tätig und beschreibt in ihren Memoiren A Family Darkly: Love, Loss, and the Final Passions of Philip K. Dick regelmässige Telefongespräche mit ihm. Er gibt ihr dabei Hinweise für ihre eigenen literarischen Arbeiten. Dick hat tatsächlich viel und lange telefoniert, das ist belegt. Man könnte aber wohl auch einen Stapel Briefe vom notorischen Briefschreiber Dick bei ihr erwarten, die sie nicht erwähnt. Dick ist gestorben als Mini 15 Jahre alt war.
Der berüchtigte Trust hat dem Memoir zwischenzeitlich ein Ende gesetzt: es durfte nicht publiziert werden. Das erscheint ein harsches Vorgehen zu sein.
Der oben gezeigte Scan findet sich beim Center for Bibliographical Studies and Research (CBSR) der University of California Riverside als Teil der California Digital Newspaper Collection, das ist auch der Web-Tipp der Woche. Hier finden sich weitere spannende Artikel, über die hier im Blog noch zu berichten ist.
In Deutschland wurde das Aufgebot übrigens 1998 abgeschafft.

Biographisches

Die fünf Ehen des Philip K. Dick:
  1. Jeannette Marlin (* 1. Januar 1927) ⚭ 14. Mai bis November 1948
    • mehr über Jeanette Marlin findet sich in zwei Artikeln von Frank Hollander: First of Five: The Mystery of Jeannette Marlin in PKD Otaku 26 und An Update on Jeanette Marlin in PKD Otaku 34
  2. Kleo Apostolides (* 1930/31) ⚭ 14. Juni 1950 bis 1959
  3. Anne Williams Rubinstein (* 16. Januar 1927) ⚭ 1. April 1959 bis Oktober 1965
  4. Nancy Hackett (* ca. 1943) ⚭ 6. Juli 1966 bis 1972 (?)
  5. Leslie „Tessa“ Busby (* 20. Juni 1954) ⚭ 18. April 1973 bis 1977

Anzumerken ist das konstant niedrige Alter der Braut (mit Ausnahme von Anne).

Bibliographisches

Die sehr lesenswerte (und wichtige) Einführung zu Der Goldene Mann findet sich in allen drei deutschen Ausgaben der Sammlung bei Moewig, übersetzt von Joachim Körber.
Dick hatte die Einführung für die amerikanische Ausgabe der Sammlung The Golden Man geschrieben, zuerst erschienen ist sie aber unter dem Titel The Lucky Dog Pet Shop in der Zeitschrift Foundation #17, September 1979.

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