Samstag, 29. August 2015

Folio

The Man in the High Castle
von Folio mit Schuber
Illustration aus The Man
in the High Castle
Vor einigen Tagen traf ein neuerlicher Impulskauf ein. Ich suche gelegentlich nach Neuigkeiten und fand einen Artikel über eine Neuausgabe von Philip K. Dicks The Man in the High Castle bei The Folio Society. Interessanterweise findet sich diese Ausgabe (noch) nicht bei Amazon oder sonst irgendwo. The Folio Society verkauft offenbar exklusiv über den eigenen Laden in London und übers Netz. Auch wenn das Wort auf den Seiten vermieden wird, so ist The Folio Society letztlich ein Buchclub. Und wie andere Buchclub-Ausgaben in den USA, Grossbritannien und auch Deutschland, so werden auch diese Ausgaben exklusiv vertrieben und tragen daher auch keine ISBN.
The Folio Society bemüht sich um sehr aufwendige Sammlerausgaben und ist deshalb kein gewöhnlicher Buchclub. Bemerkenswert sind an dieser Ausgabe die Illustrationen von Shan Jiang, die wirklich sehr ästhetisch sind. Weiterhin gibt es ein Vorwort von Ursula K. Le Guin, die Dick kannte (sie gingen auch zur selben Zeit in dieselbe Schule, haben sich dort aber offenbar nie getroffen). Das Vorwort ist offenbar für diese Ausgabe geschrieben (es gibt auch ein Vorwort zu einer anderen Folio-Ausgabe von ihr) und es ist auf scheinbar sonst nirgends erschienen.
Die gerade erschienene Ausgabe von The Man in the High Castle
Wie es sich für eine Sammlerausgabe gehört, ist das Buch aufwändig verarbeitet: Im Schuber und mit blauem Leineneinband, buntem Kapitalband, auf dickem Papier und im schönen Layout ist es sein Geld sicher wert, auch wenn (mir) das Lesebändchen fehlt. Allerdings will man auch als Sammler nicht zu viele neue Sammlerausgaben, zumindest nicht, wenn die eigenen Ressourcen beschränkt sind.
Die englische Originalausgabe von The Man in the High Castle ist erstmals 1962 erschienen und hat 1963 den Hugo Award gewonnen. Das war ein grosser Durchbruch für Dick. Nach Blade Runner gehört es – auch international – mit rund 30 englischen Ausgaben zu den meist verlegten Werken Dicks.
Die deutsche Erstausgabe
von Das Orakel vom Berge
vom König Verlag (1973)
Auf Deutsch gibt es acht Ausgaben von Das Orakels vom Berge. Nach der ersten Ausgabe 1973 im König Verlag, folgen, wie berichtet, zwei unveränderte Ausgaben mit jeweils zwei veränderten Titelbildern bei Bastei Lübbe in den Jahren 1980, 1982 und für die zweite Ausgabe 1989, 1992.
Das Orakel vom Berge von Heyne
2000 folgte dann eine Neuübersetzung in der Allgemeinen Reihe bei Heyne, die um einige begleitende Texte grosszügig erweitert ist. Zunächst ist das ein Vorwort von Kim Stanley Robinson, der auch Die Romane des Philip K. Dick (Shayol, 2005), ein absolutes Standardwerk, geschrieben hat und daher ein guter Kenner der Materie ist. Am Ende des Buches findet sich ein Anhang mit einer Einführung von Wolfgang Jeschke. Es folgt eine Seite Biographisches Material zu Hawthorne Abendsen und dann das Fragment einer Fortsetzung des Romans, zwei Kapitel von insgesamt 2 Seiten. Dieses Fragment ist mit 1974 datiert und im Original erstmals in The Shifting Realities of Philip K. Dick (Pantheon, 1995) erschienen; offenbar sonst nicht wieder. Die Texte stammen offenbar aus der bereits vorher hier erwähnten Special Collections in Fullerton, einem – leider nicht mehr vorhandenem – Nachlass von Dick.
In der grossen Philip K. Dick-Edition von Heyne erscheint die nächste Ausgabe in rotem Einband 2008 auf 349 Seiten, das ist eine Seite mehr als die vorige Ausgabe. Trotzdem enthält sie nur das Vorwort von Robinson, nicht die Fortsetzung. Das ist gerade für eine Dick-Edition natürlich schade.
Philip K. Dicks "Das Orakel vom Berge" bei Fischer KLASSIK
Das Orakel vom Berge
bei Fischer (2014)
Die letzte, aktuelle Ausgabe von Fischer in der Klassik-Reihe (2014) hat dann wieder nur den blanken Text, ohne Vorwort und Anhang auf 271 Seiten.
Interessant ist noch die Widmung; König und Bastei Lübbe setzen dem Buch An Ernst Jünger für "Auf den Marmorklippen" voran, eine Widmung von Dick exklusiv für die deutsche Erstausgabe. Mit der Neuübersetzung bei Heyne (200) und dann auch bei Fischer ist jedoch die aktuelle Widmung der US-Ausgaben übernommen: Für meine Frau Tessa und meinen Sohn Christopher, in tiefer Liebe. Die Folio Ausgabe hat die ursprüngliche, eigentümlichen Widmung To my wife Anne, without whose silence this book would never have been written. Dick war mit Anne zum Zeitpunkt der Veröffentlichung verheiratet, für Tessa hat er die Widmung zehn Jahre später ändern lassen, dazu aber später einmal mehr. Trotzdem muss man sagen, dass die Widmung an Ernst Jünger dem Buch fehlt, da sie wohl auch einen inhaltlichen Bezug aufzeigt. Und Dick wollte auch diese Widmung für die deutschen Ausgaben. Aktuell ist dieser Roman (natürlich) – und man darf annehmen, dass auch The Folio Society davon motiviert wurde – weil Amazon das Buch als Miniserie verfilmt. Die Pilotfolge ist ja bereits verfügbar, ebenso ein Trailer für die erste Staffel, die im Herbst erscheint; man wird sehen, wann (und ob) es die entsprechenden DVDs geben wird, falls man diese für seine Sammlung möchte oder man kein Amazon Prime Kunde ist und man trotzdem in den Genuss der Serie kommen möchte.
Weniger bekannt ist sicher die Hörspielversion, die der bayerische Rundfunk 1982 unter dem Titel Schmetterling mit Hakenkreuzen produziert hat, die aber nicht erhältlich ist – man muss warten, dass sie mal wieder im Radio läuft (letztmalig wohl 2013), Philipkdick.de weiss mehr dazu. Offenbar findet man auch eine Aufnahme im Netz.
Dick hat den Alternativwelt-Roman nicht erfunden, schon 1953 gab es Ward Moores populären Der grosse Süden, aber auch das war nicht der erste Roman dieser Art, die englische Wikipedia hat einen schönen Artikel dazu.
Zum Weiterlesen – und gewissermassen als Kreuzungspunkt von Dick und Jünger – kann man
Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten von Christian Kracht betrachten: Ein Roman über einen alternativen Verlauf des 1. Weltkrieges.

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