Mal was anderes. Eine Veranstaltung zu
Philip K. Dick – oder zumindest mit „Philip K. Dick“ im Titel – will
man sich dann doch nicht entgehen lassen, zumal CO2-freundlich erreichbar. Und
natürlich, weil hier die Hochkultur tagt. Ist der titelgebende Autor hier eine
Fahne, unter der man segelt? Das würde wenigstens dafür sprechen würde, das
„Dick“ jetzt ein Marke ist, die hier zieht (aber das wussten wir
schon vorher). Oder wird wirklich über den Mann gesprochen – oder
zumindest seine Literatur oder doch wenigstens über seine Ideen? Streng
literarische Kompetenz war nicht zu entdecken – dafür würde ich mir doch
mal den Science Fiction-affinen Denis Scheck wünschen (und schliesslich
arbeitet der doch in Scobels Partnersender).
Die Veranstaltung
hiess
Roboter-Ethik: Manfred Zapatka liest Philip K. Dick. Janina Loh und
Gert Scobel diskutieren. Und so war es auch.
Janina Loh, Gert Scobel, Manfred Zapatka (von links) |
Nach kurzer Vorstellung durch den Veranstalter betraten die drei Protagonisten
die Bühne, Scobel mit ungewohnten Bart. Nach
wenigstens einer halben Gedenkminute des Schweigens für die Opfer der
Flutkatastrophe, hat Scobel zu Zapatka übergeleitet. Der findet Dick, den er
vorher nicht kannte, nach dieser Lektüre nun interessant; das ist keine
Begeisterung, aber immerhin interessant. Zapatka liest dann aus einem
Essay von Dick, Wie man eine Welt erbaut, die nicht nach zwei Tagen wieder
auseinanderfällt, im Original
How to Build a Universe That Doesn't Fall Apart Two Days Later.
Die anschliessende Diskussion zwischen Loh und Scobel nimmt keinen direkten
Bezug auf den Text, er klingt aber im Hintergrund nach. Es geht um schwache
und starke künstliche Intelligenz – die starke ist noch weit weg, wenn es
sie überhaupt einmal geben kann – und um Roboter und Algorithmen. Das
sind Themen und Beispiele aus Lohs namensgebenden Buch Roboterethik.
Der Zuhörer ohne Kenntnisse in der Philosophie und der künstlichen Intelligenz
wird streckenweise wohl nicht folgen können, aber man wusste ja, worauf man
sich einlässt. Frau (darf man das sagen?) Loh ist buchstäblich bühnenreif und
macht das staubige Thema überhaupt erst geniessbar. Herr Scobel ist ein
geübter Moderator (darf man das sagen?). Und Manfred Zapatka liest fabelhaft
(das muss man sagen!).
Gegen Ende der Veranstaltung kommt Zapatka mit einem zweiten Text zu Wort,
einer gekürzten Version der Kurzgeschichte Mr. Raumschiff. In seinem
vorletzten Satz verwendet Scobel das Wort optimaler. Auch die Grossen
machen Fehler.
Unerwähnt bleiben in diesem Blogeintrag Boston Dynamic, Roger Wilhelmsen und
Marc Bauders Film „Wer wir waren“. Hanc marginis exiguitas non caperet.
Für den Dick-Fan: Es ging natürlich nicht um Dick. Aber Manfred Zapatka Dick
lesen zu hören, war die Veranstaltung allemal wert. Ich hätte nicht gedacht,
dass man Dick tatsächlich so eindrucksvoll vorlesen kann. Dick ist kein
Meister des Wortes, er hat eine eher einfache Sprache – das macht
übrigens das Lesen im Original einfach, auch für den deutschen Leser. Trotzdem
hat Zapatka die beiden Texte zum Klingen gebracht. Auch Lesen will
gelernt sein – und ist vielleicht auch ein Talent. (Mein Erstaunen mag auch
darin begründet sein, dass ich mich bisher Hörbüchern total verweigert habe,
vielleicht hätte ich eine ähnliche Erfahrung schon vorher machen können.)
Das Buch Roboterethik von Janina Loh, dem die Diskussion von Loh und Scobel in grossen Teilen gefolgt ist |
Für die Sammlung gab es immerhin eine fast richtige Eintrittskarte, immerhin nicht selbstgedruckt. Und Roboterethik von Jania Loh, erschienen bei Suhrkamp (2019), konnte ich vor Ort von der das Festival begleitenden Traditionsbuchandlung Bücher Bender erwerben.
Zum Thema Sammeln von Eintrittskarten gibt es eine
schöne Sammlung Konzertkarten für Bob Dylan online.
Preise
Janina Loh: Roboterethik. Suhrkamp (2019), 241 Seiten. ISBN
978-3-518-29877-0. 18 Euro.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen