Samstag, 20. Oktober 2018

Bibliographien

In den Zeiten vor dem Internet war der Aufbau einer Sammlung in vielen Belangen weitaus schwieriger. Schon der Aufbau eines Katalogs war aufwändig und kompliziert. Für die eigene Sammlung musste er mühsam und langwierig aufgebaut werden, mit Hilfe von Informationen aus veröffentlichten Büchern, öffentlichen Bibliotheken und Buchhandlungen, wobei letztere allerdings ihre Kataloge lieferbarer Bücher als Betriebsgeheimnis lieber geheim gehalten haben und der Wunsch auf Einblick meist empört abgelehnt wurde – als quasi-Monopolist durch Preisbindung konnte man sich das leisten (… so ändern sich die Zeiten).
Philip Kindred Dick  Metaphysical Conjurer (1995)
Seltener noch war Sekundärliteratur zum Thema, weil sie in der Regel noch schwieriger zu finden war.
Im englischen Sprachraum gab es schon 1981 eine erste selbstständige Bibliographie zu Philip K. Dick von Daniel J. H. Levack: PKD: A Philip K. Dick Bibliography, aufwändig bebildert erschienen bei Underwood-Miller, wo später erst die legendären Collected Stories und dann die so wichtigen Selected Letters erschienen sind. Einzigartig ist diese Bibliographie, weil Dick selbst daran mitgearbeitet hat. Und weil dieses Buch natürlich ein Liebhaberstück ist, gibt es die Auflage von 1100 Exemplaren auch in diversen Varianten, mit rotem und grünen Cover, Soft- und Hardcover, und auch einige (200 oder 233) signiert. Und natürlich ist diese Bibliographie damit selbst ein attraktives und (signiert) ein teures Sammlerstück geworden.
Ein ähnliches, wenn auch in der Augestaltung rustikaleres Werk, ist das zuerst 1986 herausgegeben von Gordon Benson Jr. und in späteren Auflagen gemeinsam mit Phil Stephensen-Payne in zwei Bänden herausgegebene Philip Kindred Dick: A Working Bibliographywobei der zweite Band die sonst weniger beachtete Sekundärliteratur katalogisiert. Ebenfalls rein bibliographisch ist Christopher P. Stephens' A Checklist of Philip K. Dick von 1993, das im Rahmen einer umfangreichen Reihe über verschiedene Autoren herausgekommen ist.
Die beiden Bände von Precious Artifacts, zwei reine Bibliographien
der Werke von Philip K. Dick, erschienen bei Wide Books (2012/2014)
Der neueste Vertreter dieser Reihe ist Precious Artifacts von Wide Books (2012, 2014), das in zwei Bänden und auch aufwändig bebildert, alle Ausgaben der Romane bzw. Kurzgeschichten listet. David Hyde und Henri Wintz publizieren hier in ihrem eigens für Publikationen über Philip K. Dick gegründeten Verlag die bibliophile Erweiterung von The Philip K. Dick Bookshelf. Beide Bände sind in begrenzter Auflage als Hardcover und (unbegrenzt) als Print-on-Demand erschienen, die Hardcovers sind nur noch (selten) antiquarisch erhältlich und selbst Sammlerstücke. Ähnliche Werke für andere Sprachen sind bei Wide Books im Gespräch (die französische Ausgabe ist im Februar 2018 erschienen), eine deutsche Ausgabe wäre sicher mehr als spannend – man muss sich aber die traurige Frage stellen, ob es dafür einen (ausreichenden) Markt gibt. Der Autor dieses Blogs wäre natürlich dabei!
David Hyde hat als Lord RC bereits 2006 das für jeden Sammler unverzichtbare Pink Beam: A Philip K. Dick Companion veröffentlicht, das über eine rein bibliographische Aufzählung hinausgeht und die Publikationsgeschichten auch der sehr frühen Werken genau untersucht.
Erwähnt werden können hier noch zwei verwandte Werke, Andrew M. Butlers Philip K. Dick und Kim Stanley Robinsons The Novels of Philip K. Dick. Beide beschäftigen sich mit umfassend mit den Romanen, aber nur sehr am Rande mit bibliographischen Details. Bemerkenswert ist, dass Robinsons Werk auch als deutsche Übersetzung Die Romane des Philip K. Dick als Taschenbuch bei Shayol (2005) herausgekommen ist.
Ebenfalls (auch) auf Deutsch ist ein Werk, das sich einer Klassifikation entzieht und sicher nicht bibliographisch ist, trotzdem (irgendwie) in diesen Blogeintrag gehört: Appendix Dick von Tommi Brem – und wer dieses sensationelle Buch nicht kennt, lese hier.
Lässt man Robinsons und Brems Bücher, die einen durchaus anderen Charakter haben, zur Seite, so gibt es keine selbstständige deutschen Bibliographie, auch in anderen Sprachen konnte ich nichts entdecken.
Es gibt einige unselbstständige Bibliographien, die auch deutsche Veröffentlichungen umfassen. Jenseits allgemeiner Lexika, die meist gewisse bibliographische Informationen enthalten, sind wohl Uwe Antons Beiträge die umfassendsten. Mit der Dick-Bibliographie in den Materialen (1976) und in der Science Fiction Times (06/1984) bereitet er dann den umfassenden Eintrag im seltenen Entropie und Hoffnung, Tilsner (1993), vor. Kapitel 11 ist eine Auflistung deutscher und englischer Ausgaben und von Sekundärliteratur und erreicht mit 50 Seiten leicht den Umfang der selbstständigen angelsächsischen Veröffentlichungen.
Heute ist der grosse Nutzen reiner Bibliographien kaum noch zu verstehen, früher waren sie sehr wertvolle Hilfen, auch für Fans und Sammler. Aber auch heute enthalten diese Werke, auch die älteren, Informationen, die sich im Internet gar nicht oder nur sehr schwer und weit verstreut finden lassen. Die meisten dieser Werke sind schwer zu finden oder teuer – oder auch beides. Selbst die deutsche Ausgabe von Shayol scheint selten geworden zu sein. Einfach sind nur noch die verschiedenen Print-on-Demand-Ausgaben zu finden, die zwar weniger sammelbar sind, aber trotzdem Platz in jeder Sammlung finden sollten.
Ein netter Blog quasi nebenan ist Popturf, dessen Idee es ist pop cultur location from movie, literature, tv & more zu beschreiben. Und natürlich konnte auch unser Phil einem (sehr umfangreichen) Eintrag nicht entkommen. Unbedingt guckenswert.
Eine Bibliographie der Bibliographien, die des öfteren selbst in verschiedenen Auflagen und Ausgaben erschienen sind, findet sich – natürlich – auch in diesem Blog.

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