Samstag, 27. April 2019

Lange Träume

Der Milliarden Jahre Traum, Bastei Lübbe (1990)
Sieht man sich die deutschsprachige Sekundärliteratur zu Philip K. Dick an, landet man bei den wenigen Monographien und einer nur wenig grösseren Anzahl von Artikeln in verschiedenen Magazinen und Zeitungen. Übersehen kann man dabei einige umfassendere Werke, in denen über Dick umfassender geschrieben wird, als in vielen Artikeln. Ein Beispiel dafür ist Der Milliarden Jahre Traum. Die Geschichte der Science Fiction von Brian W. Aldiss und David Wingrove. Man kann Aldiss durchaus einen Fan von Dick nennen, er sagt selbst, dass er alle seine Bücher mit Begeisterung verschlungen habe. Es kann also nicht verwundern, wenn Dick nicht nur häufig, sondern auch sehr erwähnt wird. Aldiss hat sein Buch ursprünglich schon 1973 als Billion Year Spree – The History of Science Fiction veröffentlicht. Das wurde zu einem Klassiker, wenn auch einige der aufgezeichneten Thesen umstritten sind.
1980 erschien das Buch als Der Millionen-Jahre-Traum bei Bastei Lübbe auf Deutsch. Die problematische Übersetzung vom englischen Billion ins Deutsche Millionen führte dann bei der nächsten Ausgabe zur völligen Verwirrung.1986 kommt eine mit David Wingrove erweiterte Ausgabe unter dem Titel Trillion Year Spree heraus, zu Deutsch dann Der Milliarden Jahre Traum, wieder bei Bastei Lübbe (1987). Damit ist es nun hoch verwirrend, dass Der Milliarden Jahre Traum eben nicht die Übersetzung des Billion Year Spree ist. Darüber hinaus hat der Moewig Verlag in der ersten Ausgabe von 1987 Aldiss' Koautoren Wingrove vergessen – daher gibt es auf der Neuausgabe von 1990, mit leicht verändertem Umschlagbild, die Nennung von Wingrove als Koautoren.
Die Behandlung von Dick findet überwiegend in den letzten Kapiteln des Buches statt, die erst in der Ausgabe von 1986 hinzugekommen sind. Aldiss nennt dort Philip K. Dick und Kurt Vonnegut Autoren, die den Klischees der Science Fiction ihren eigenen Stempel aufdrücken. Ein Zitat von Vonnegut eröffnet auch das Buch, auch Vonnegut ist wohl ein Autor, den Aldiss sehr schätzt.
Dieses sehr umfänglich Buch kommt auf 940 Seiten, davon 23 Seiten Index und über 100 Seiten Endnoten. Eine umfänglichere Besprechung des Buches findet sich z. B. Kirkus.
Auf Deutsch gibt es von Aldiss zu Dick sonst nur eine Übersetzung von Dick's Maledictory Web: About and Around Martian Time-Slip in Uwe Antons schwer zu findenden Materialien (1976).
Nur auf Englisch erschienen ist eine kurze dramatische Arbeit, ein Dialog, in dem Aldiss den Geist von Dick mit einer Frau reden lässt: Kindred Blood in Kensington Gore, Avernus (1992). Mehr zu dem Stück hat Andrew May in Philip K Dick in the Afterlife: An imaginary conversation dazu geschrieben, auf Aldiss' Webseite findet man eine Aussage von Aldis selbst zu dem Stück.
Aldiss' lange Träume sind in diversen Ausgaben auf Deutsch leicht erhältlich, über Dick findet sich umfassendes nur im Milliarden Jahre Traum. Auch sein Theaterstück ist nicht schwer zu finden – leider ist meine Ausgabe verschollen, die nächste Inventur wird sie hoffentlich wieder zu Tage bringen.
Natürlich gibt es zahlreiche Kurzgeschichten und Romane von Aldiss auf Deutsch, den Helliconia-Zyklus kann man den Klassikern der Science Fiction zurechnen.
Brian W. Aldiss ist im Jahr 2017 im Alter von 92 Jahren in Oxford gestorben.
Eine Liste der deutschen Sekundärliteratur zu Philip K. Dick findet sich hier im Blog, zu Brian W. Aldiss natürlich bei ISFDB.

Preise

Aldiss & Wingrove: "Der Milliarden Jahre Traum" antiquarisch überall ab 4€

Brian W. Aldiss: "Kindred Blood in Kensington Gore" findet man für knapp 10€ bei unterschiedlichen Anbietern, zuzüglich sehr unterschiedlichem Porto.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen