Chance Meeting – Avram Davidson & Philip K. Dick |
Als dritter Teil der kleinen Serie der mehr oder weniger semiprofessionellen Veröffentlichungen folgt nun Chance Meeting (nach The Slave Race und Take Them to the Garden).
Auch diese Veröffentlichung der Avram Davidson Society hat einen bibliophilen Anspruch. Sie hat 16 unpaginierten Seiten, ein ansehnliches Layout und einen netten Font, verzichtet aber auf Illustrationen. Über die Verarbeitung schreibt man stolz:
Stitched in Hahnemühle wrappers, with letterpress label printed by Jerry Kelly from Foundry Centaur type.
Enthalten ist zuerst eine Kritik von Avram Davidson zu The Man in the High Castle, die ursprünglich in The Magazine of Fantasy and Science Fiction vom Juni 1963 veröffentlicht ist. Die Kritik ist nicht nur sehr positiv, sie ist eben von einem Schriftsteller geschrieben und daher relevant und lesenswert – und sie ist geschrieben, bevor Dick den Hugo für den Roman erhalten hat (Davidson hatte den Hugo 1958 für seine Kurzgeschichte Oder alle Meere voll Austern bekommen). Offenbar hat sein Artikel viel Aufmerksamkeit erhalten, vielleicht durch Avrams Bekanntheit (zumindest in der Szene).
Es folgt ein Brief von Davidson an das Science Fiction und Fantasy Magazin Locus, Ausgabe Mai 1982, vermutlich anlässlich Dicks Tod, in dem er seine Kritik noch einmal erläutert. Ein Brief von Grania Davis, die mit Davidson verheiratet und später mit Dick closely involved war, ergänzt Avrams Brief. Sie schreibt über das im Roman vielzitierten Buch der Wandlungen, ein Thema das sie wohl länger mit Dick diskutiert hat.
Abgeschlossen wird Chance Meeting vom namensgebenden Essay vom Herausgeber Henry Wessells. Sehr vorsichtig zieht er den Bogen von Davidsons Kritik über den Hugo Award zu Dicks Karriere als Schriftsteller – ob man dem so zustimmen will oder muss, bleibt dem Leser überlassen.
Titelseite von Chance Meeting |
Avram Davidson ist 1923 geboren, also nicht viel älter als Dick. Es ist also kein Zufall, dass seine Kurzgeschichten, zumindest in Deutschland, häufig mit denen von Dick in den selben Anthologien erscheinen. Tatsächlich sind in Deutschland auch nur etwa drei Dutzend Kurzgeschichten von ihm erschienen. Davidson ist 1993 gestorben, die Avram Davidson Society 1998 an seinem 75. Geburtstag gegründet.
Einen Teil des Briefwechsels (oder zumindest ein Essay dazu), der von 1963/64 bis zu Dicks Tod reichte, hat Grania Davis im Ausgabe The New York Review of Science Fiction in der Ausgabe von August 1997 veröffentlicht: Avram and Phil: Memoir of a Literary Friendship.
Leider gibt es fast keine Veröffentlichungen der Art von Chance Meeting im deutschen Sprachraum. Den gleichen Geist des Enthusiasten atmet noch Tommi Brems Appendix Dick und er hat ebenfalls einen ästhetischen, bibliophilen Anspruch – Brem ist Künstler; natürlich ist der Appendix viel umfangreicher und in einem professionellen Verlag herausgekommen. Fanzines und ähnlicher Veröffentlichungen früherer Tage, die sich teilweise intensiv mit Dick beschäftigt haben, fehlt dagegen gänzlich jeglicher bibliophiler Aspekt, Hahnemühle wrappers waren vermutlich eine dekadente Vorstellung – es kann nur um die Idee gehen!
Kaufen kann man Chance Meeting (noch) bei Wessels Temporary Culture, das Porto ist günstig (es geht ja nur um ein Heftchen).
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