Samstag, 29. April 2017

Transformationen

Philip K. Dick hat bei seiner Arbeit als Autor in grossem Masse eigene Ideen immer wieder aufgegriffen und in verschiedener Form neu verwendet. Das ist natürlich auf der Ebene der grundsätzlichen Themen, der Frage nach Realität, dem dunkelhaarigen Mädchen und einigen weiteren Themen passiert, aber auch konkreter bei Kurzgeschichten, die er häufiger aufgegriffen und zu Romanen erweitert hat. So ist die Kurzgeschichte Zur Zeit der Perky Pat eine Grundlage für den Roman Die drei Stigmata des Palmer Eldritch.
A. Lincoln, Simulacrum, Teil 1 von 2 in Amazing, November 1969 (links) und Cantata 140 in The Magazine of Fantasy and Science Fiction, Juli 1964 (rechts), beide sind später als Roman in Buchform veröffentlicht; die Hefte sind zwar gestempelt, aber sonst in sehr gutem Zustand; erhaltene erstklassig Pulps sind (besonders in Deutschland) selten und teuer
Über diese eher kreativen Transformationen hinaus, gab es auch ökonomisch bedingte Verwandlungen: Einige von Dicks Romanen sind zunächst – teilweise auch als Fortsetzungen – in Groschenheften erschienen und erst später – mehr oder weniger (sorgfältig) überarbeitet – in Buchform.
Sieben von Dicks Romanen wurden zuerst in Magazinen veröffentlicht und dabei teilweise in mehreren Teilen serialisiert:
  1. The Cosmic Puppets, zunächst als A Glass of Darkness in der Ausgabe 12/1956 des SF-Magazins Satellite erschienen, dann bei Ace 1957; in Deutschland einmalig in Uwe Antons Kosmische Puppen und andere Lebensformen bei Heyne (1986)
  2. The Crack in Space, erst als Cantata 140 in The Magazine of Fantasy and Science Fiction, Juli 1964, Erstveröffentlichung als Roman bei Ace 1966, neuerdings bei Gollancz auch wieder unter dem Titel Cantata-140 (aber jetzt mit Bindestrich), aber mit dem Textkörper des Romans, nicht der Novelle; in Deutschland bisher einmalig als Das Jahr der Krisen bei Moewig (1982)
  3. Der unteleportierte Mann
    von Philip K. Dick
  4. The Unteleported Man, mit der wohl buntesten Veröffentlichungsgeschichte, zunächst in der Dezember-Ausgabe des Magazins Fantastic von 1964 erschienen, dann 1966 bei Ace und erst 1983 bei Berkley in einer erweiterten (aber unvollständigen) Fassung herausgekommen und seit 1984 in vollständiger Form unter dem Titel Lies, Inc.; in Deutschland hat es Karl Ulrich Burgdorf [sic] für Moewig (1984) mit dem Titel Der unteleportierte Mann übersetzt. Burgdorf hat auch das Vorwort mitverfasst und er hat später über dieses Buch in seinem Fanzine geschrieben, wie in diesem Blog bereits berichtet wurde
  5. Martian Time-Slip, serialisiert erschienen in Worlds of Tomorrow, in den Ausgaben August, Oktober und Dezember des Jahres 1963 als All We Marsmen, in Buchform bei Ballantine (1964); 1973 bei Insel unter dem Titel Mozart für Marsianer, später dann bei Heyne mit einem Titel der näher am Original ist, Marsianischer Zeitsturz
  6. A. Lincoln, Simulacrum wurde erst ab 1969 in zwei Teilen in Amazing veröffentlicht – in den Ausgaben November und Januar 1970, und als Buch 1972 bei DAW unter dem Titel We Can Build You; in Deutschland mit dem Titel Die rebellischen Roboter bei Goldmann (1972) herausgekommen und später noch einmal in der Edition bei Heyne (2007)
  7. Vulcan's Hammer ist zunächst in Kurzform 1956 in Future Science Fiction #29 erschienen, dann als Roman 1960 als Ace Double und in Deutschland in gekürzter Form in der Terra SF Reihe (1965), dazu findest sich schon dies und das in diesem Blog. Der Originaltext der Novelle findet sich auch noch einmal in der Anthologie 6 and the Silent Scream bei Belmont (1963)
  8. The Zap Gun wurde in zwei Teilen als Project Plowshare in Worlds of Tomorrow (11/1965 und 1/1966) erstveröffentlicht, auf Deutsch in nur einer Ausgabe als Das Labyrinth der Ratten bei Goldmann (1979).
In Deutschland ist keiner der genannten Romane in seiner ursprünglichen Form erschienen, vielleicht mit Ausnahme des unteleportierten Mannes. Auch in den USA sind die ursprünglichen Texte – mit nur einer Ausnahme – nie wieder publiziert worden. Dem literarisch interessierten Sammler und Leser bietet sich hier ein Betätigungsfeld, denn ausser ausführlichen Vergleichen der verschiedenen Versionen des Romans Der unteleportierte Mann ist über die verschiedenen Versionen der anderen Romane wohl noch nichts publiziert, zumindest nicht auf Deutsch.
Für den Sammler von (englischen) Erstausgaben sind diese Magazine unbedingt Teil der Sammlung; ist man eher auf die Erstausgaben der Kurzgeschichten spezialisiert, muss man sich entscheiden, ob diese Novellen, die ja auch keinen Einzug in die Collected Stories gefunden haben, dazugehören. Für die deutschen Ausgaben ist auffällig, wie viele Einzelausgaben sich unter den genannten Romanen befinden. Man mag vermuten, dass es letztlich doch eine Korrelation von Magazinausgabe und Qualität gibt, wobei Marsianischer Zeitsturz einer von Dicks besten Romanen ist.

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