Samstag, 7. Oktober 2017

Blade Runner 2049

Ein Kino in Deutschland: Früher wurden die aktuellen Filme draussen noch
annonciert, heute muss man wohl froh sein, dass es noch Kinos gibt
Blade Runner 2049 ist - nach meinem Empfinden - in Deutschland relativ lautlos angelaufen. Hauptdarsteller Harrison Ford und Ryan Gosling waren offenbar in Berlin und es gab ein paar der üblichen Zeitungsartikel, aber sonst doch eher wenig. Im Feuilleton ist der neue Blade Runner aber definitiv nicht angekommen. Eigentlich merkwürdig: Philip K. Dick ist dort ja schon länger, der originale Blade Runner von 1982 doch eigentlich auch und diesem Film werden durchaus Ambitionen auf einen Oscar nachgesagt - wo bleibt die ernsthafte Auseinandersetzung mit diesem Film? Nun ja.
Blade Runner 2049 will auf jeden Fall mehr als eine billige Sequel sein, die das Franchise ausbeutet. Und die Themen - Androiden, künstliche Intelligenz und Dicks was ist menschlich? - liegen doch auch sehr im Trend. Aber auch das Original ist ja seinerzeit relativ langsam gestartet und hat einige Jahre gebraucht, um der Kultfilm zu werden, der er heute ist.
Wer die letzten achtzehn Monate seit Ankündigung des Films nicht mitbekommen hat, kann das wichtigste davon in der Zukunft nachlesen, dort sind nicht nur die diversen Trailer gesammelt, sondern auch die absolut sehenswerten Prequels, die allerdings nur auf Englisch vorliegen: 2036: Nexus Dawn2048: Nowhere to Run und der Animationsfilm Black Out 2022, die im Film durchaus eine Rolle spielen.
Es ist sicher jede Menge von Ridley Scotts Blade Runner von 1982 in diesem Blade Runner 2049, aber wie viel Philip K. Dick ist darin? Obwohl die ursprünglichen Drehbuchautoren Hampton Fancher und David Peoples nach eigenen Angaben nichts von Dick gelesen hatten und Peoples wohl nicht einmal Do Androids Dream of Electric Sheep?, sondern nur auf Basis von Fanchers Script gearbeitet hat, ist doch sehr viel Dick im Blade Runner - wenn auch an anderer Stelle und auf andere Weise als in der Vorlage. Man hat sich offenbar bemüht, einiges aus dem Roman hinüberzuretten, Dick war ja letztlich auch sehr glücklich mit dem, was er von der Verfilmung noch sehen konnte - er hat allerdings vorwiegend die visuellen Effekte gelobt, die eigentliche Story hat er in der sehr kurzen Rohfassung wohl kaum erkennen können.
Früher war mehr Lametta: Selbst für die Premiere ist sparsam geschmückt,
ein Selfie mit dem Pappaufsteller war nicht möglich: Zwei müde Plakate in
der Ecke waren alles, was das Kino aufbieten wollte - oder konnte
Wieviel Dick ist nun noch in Blade Runner 2049? Richtig viel Dick lässt sich schon in den drei Prequels nicht mehr finden. Der Film selbst hat natürlich einige Bezüge auf das Original und zitiert ihn des Öfteren - die Fans erwarten das. Philip K. Dick ist aber nicht mehr drin. Um so bemerkenswerter sind zwei winzige Details, die vielleicht direkt auf DADoES zeigen. Vermutlich um die Fans mitzunehmen und die Glaubwürdigkeit des neuen Blade Runner zu steigern, hat man für diesen Film auch Edward James Olmos gewinnen können, den Schauspieler, der im Original von 1982 Gaff spielt, den mysteriösen Polizisten. In diesem Film wird er kurz im Altersheim gezeigt, eine für die Handlung so gänzlich überflüssige Szene, dass sie negativ auffällt, so nett es ist, Gaff noch einmal zu sehen - die Szene scheint nur für diesen Zweck ins Drehbuch montiert zu sein. Spannend ist aber, dass Gaff auch hier ein Origami-Tier faltet: Ein Schaf. Das muss doch ein Bezug auf den Originaltitel von Dicks Roman sein! Oder Gaff will K sagen, dass er ihn für ein Schaf hält, dass alles erduldet und mitmacht.
Ein meines Erachtens eindeutiger Bezug auf den Roman ist aber der Besuch beim freundlichen Holzanalytiker, das ist natürlich ein Zitat auf eine analoge Szene im ersten Film, in dem Deckard die Schlangenschuppe untersuchen lässt. Hier bietet der freundliche Herr für das offenbar ausserordentlich wertvolle Holz mehrfach ein lebendes Pferd, welches schon auf Philip, also den Pferdeliebenden bzw. Horselover, so nennt Dick in VALIS sich auch selbst, anspielen mag. Und schliesslich, einmalig und quasi als Steigerung von Pferd bietet er: eine Ziege! Ist das die Ziege, die sich Deckard im Roman kauft und die leider nur ein kurzes Leben hat, bevor die zornige Rachel sie vom Dach wirft? Ansonsten ist das Auftauchen einer Ziege an dieser Stelle des Films unerklärlich. Eigentlich sind Ziegen nicht attraktiv. Warum würde man als Steigerung von Pferd eine doch eher unattraktive, ggf. stinkende Ziege anbieten? Warum nicht etwas Nettes, eine Eule oder einen Hund etwa? Vielleicht hat sich Fancher, der auch am neuen Script mitgeschrieben hat, hier noch einmal an das Original erinnnert ...
Auch wenn dies ist keine Filmkritik ist, sei gesagt, dass mir der Film sehr gut gefallen hat. Nicht nur visuell grossartig, auch Handlung und Schauspieler haben gepasst. Und wie viel Philip K. Dick in diesem Film ist, sollte kein Bewertungsmassstab sein - nicht einmal in diesem Blog.
Ein Buch zum Film gibt es für diesen Blade Runner nicht, nur Neuauflagen des Blade Runner in diversen Sprachen, auch auf Deutsch, bei Fischer, das habe ich hier im Blog schon vorgestellt.
Ob die DVD, die folgen wird, in meine Sammlung kommt, muss ich mir noch überlegen. Mal sehen ... aber eher nicht. Das ist mir alles ein bisschen zu weit weg von Dick.
Warten wir ab, ob es für einen Oscar reicht.
Und als zusätzlichen Web-Tipp hier das Script von Ridley Scotts Blade Runner

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen