Samstag, 10. Dezember 2022

Eine besondere Signatur

Natürlich hat das Internet das Sammeln nicht nur zum Guten verbessert, vieles ist zu einfach und zu teuer geworden. Aber vieles wäre ohne das Internet nicht möglich, der Zugriff auf viele interessante und manchmal sogar noch bezahlbare Objekte für den Hobby-Sammler nicht möglich. Die sozialen Medien, so problematisch sie auch in vielen Bereichen sind, sind eine klar positive Bereicherung im Wirken des Sammlers. Der Austausch mit Gleichgesinnten mag motivieren und hin- und wieder darf man etwas (wenigstens) sehen, von dessen Existenz man kaum geträumt hat.
So zeigte sich im Rahmen einer solchen Konversation ein von Philip K. Dick signiertes Exemplar – das ist immer schön und besonders, aber nicht sensationell. Wirklich aufsehenerregend für mich und diesen Blog wird es, weil es sich um eine deutsche Ausgabe handelt, die Dick signiert hat. Gänzlich überraschen darf das nicht, schliesslich hatte Dick durchaus Kontakte nach Deutschland, Uwe Anton und Franz Rottensteiner könnten ihn ganz einfach um signierte Exemplare gebeten haben, Anton und Werner Fuchs haben Dick in Metz getroffen und der eine oder andere deutsche Fan könnte sich auf den Weg nach Kalifornien gemacht haben. Dick war nicht sparsam mit seiner Unterschrift, er wird einen entsprechenden Wunsch kaum abgeschlagen haben.
Ein von Philip K. Dick signiertes Buch
Irrgarten des Todes  in der deutschen Erstausgabe von Heyne (1974)–signiert vom Autor
Die Geschichte dieses Exemplars ist aber eine andere. Der heutige Besitzer des Buches erzählt:

»Als Phil 1974 zur Teilnahme an einer Science Fiction-Konferenz an der Carson High School in Südkalifornien eingeladen wurde […], brachte er signierte Exemplare dieser deutschen Ausgabe und eine niederländische Ausgabe zum Verschenken für einen Schüler mit, der eine Lotterie gewonnen hatte. (Möglicherweise waren es Belegexemplare, die ihm die Verlage zusandten.) Die beiden Bücher habe ich dem ehemaligen Schüler vor einigen Jahren abgekauft.
Phil erhielt von Verlagen eine Reihe ausländischer Ausgaben seiner Bücher, die er dann signierte und an Freunde und Besucher verschenkte, darunter französische, hebräische, japanische, polnische und portugiesische Ausgaben (zusätzlich zu den von mir erwähnten deutschen und niederländischen Ausgaben).«

Das Programm der Veranstaltung gibt es auch noch, zumindest in einer Bibliothek ist es nachgewiesen. In einem Brief vom 30. Mai 1974 an seinen Agenten Scott Meredith [Selected Letters 1974, Seite 123-124] bezieht er sich (vermutlich) darauf:
A few weeks ago, also, I addressed an audience of over 1,200 high school students from all over the L.A. area, and the coordinators of the event came by a week afterward and told me that of all the speakers (who included Ray Bradbury and van Vogt, to name two) I had gone over with the kids the best.
Gern verschenkt hat Phil seine Bücher auch an weibliche Bekannte, er mag sich von seinem Namen auf dem Umschlag eine gewisse Wirkung erhofft haben.
Die gleiche Ausgabe, aber
ein anderes Exemplar …
Bei dem Buch handelt es sich um die deutsche Erstveröffentlichung von A Maze of Death, das im Original bei Doubleday 1970 erstmals erschienen ist. Die deutsche Übersetzung Irrgarten des Todes ist von Yoma Cap, das ausdrucksvolle Umschlagbild von einem Atelier Frank & Zaugg aus Bern. Diese Ausgabe ist 1974 bei Heyne erschienen. All zu lange hat dieses Belegexemplar also wohl nicht bei Dick gelegen.
Dick war 1972 nach Fullerton gezogen und lebte dort die letzten zehn Jahre seines Lebens. Die erste Adresse war in der Quartz Lane, wo er im April 1973 seine fünfte Frau Tessa geheiratet hat und sein Sohn Christopher geboren ist. Dort haben sich auch die 2-3-74 Ereignisse abgespielt. Von dort sind es dreissig Autominuten zur Carson High School. Dick blieb mit Tessa bis zur Trennung im Jahr 1976 dort.
Einige Orte aus Dicks Leben lassen sich in diesem Blog nachvollziehen, auch die Adresse in der Quartz Lane. Ein anderer Blog schreibt über Dick und Fullerton.
Zum Abschluss gilt ein besonderer Dank an den Besitzer des gezeigten signierten Exemplars für das Bild und die Geschichte dazu.
Bibliographische Informationen zu allem von und über Philip K. Dick bei Heyne gibt es hier im Blog.

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