Samstag, 25. November 2023

Auf Besuch in Celle

Celle zu Weihnachten
Schloss (ganz hinten links), Bomann-Museum,
Weihnachtsmarkt und
Stadtkirche von der Stechbahn in Celle

Auf der Suche nach einem jahreszeitlich passenden Beitrag für diesen Blog bin ich in der Sammlung über einige Ausgaben des Magazins Comet gestolpert. Und der Name ist Programm, im Untertitel heisst es Magazin für Science Fiction und Raumfahrt. Die Science Fiction Times 143 (September 1977) schreibt in ihrem Marktreport (Seite 25) dazu:

Mit COMET erschien nach vielen Jahren wieder ein deutsches SF-Magazin auf dem Markt. Aufwendig gemacht (Großformat, Kunstdruckpapier, viele Farbbilder), aber mit DM 8,- auch ziemlich teuer, wurden bisher 3 Ausgaben (seit Mai) auf den Markt gebracht. Auflage 50.000. Das Magazin bringt eine Mischung aus Fiction (SF-Storys, SF-Fortsetzungsroman und Fantasy-Serie) und populärwissenschaftlichen Artikeln. In den ersten Ausgaben gab es u. a. Geschichten von George R. R. Martin, Thomas F. Monteleone, Jack Dann, Dennis Etchison, Thomas Ziegler, Steven Utley und Bob v. Laerhoven, Bildberichte über den Maler Helmut Wenske, versunkene Tempel und SF in der Rockmusik, ferner jeweils einen Artikel pro Heft von H. W. Franke (Höhlen, Vulkane, Kirlian-Fotografie), ein SF-Autoren-Lexikon etc. Allerdings ist der Tandem-Verlag, Celle, der das Objekt herausbringt, in finanziellen Schwierigkeiten, und es ist fraglich, ob weitere Ausgaben von COMET erscheinen. Zumindest die August-Nummer wird nicht erscheinen.
Professionell gemacht waren die Heft, hochwertige Inhalte und Gestaltung; daher war wohl auch die erstaunlich hohe Auflage notwendig. Und es ging dann auch weiter für Comet - allerdings nicht lange. In der SFT 145 (August 1978) lesen wir (Seite 59):
Das SF-Magazin Comet wurde nach drei Ausgaben im Jahre 1977 (Nr. 5/77, 6/77, 7/77) und fünf Ausgaben 1978 (2–6/78) eingestellt. Noch auf dem Markt: COMET-Sonderband 1
Die Verbindung von Comet zu Philip K. Dick sind zunächst drei Essays, die in drei Ausgaben des Magazins veröffentlicht wurden:

  • Comet 5/77: Uwe Anton: Rezension von Eine andere Welt
  • Comet 7/77: Thomas Dressler: Rezension von Die Invasoren von Ganymed, Bastei-Lübbe (1976)
  • Comet 6/78: Uwe Anton: Die seltsamen Welten des Philip K. Dick 
SF Hefte der späten 70er Jahre
Comet 5/77 und 7/77
Es ist kein Zufall im Comet zwei Beiträge von Uwe Anton zu finden. Er hat seine Karriere als Autor im Heftbereich zunächst beim kleinen Rena Verlag in Celle gestartet (sagt der Zauberspiegel). Der Verlagsname Rena leitet sich von Renate Stroik ab, die auch als Herausgeberin des Tandem Verlags firmiert: Rena und Tandem sind Geschwister.
Anton wählt bei Rena das Pseudonym L. D. Palmer, das er auch beibehält, das findet man im Vorwort von Venus ist tot, übrigens mit einem Cover von Helmut Wenske und hier im Blog:
[…] L.D. Palmer war das Pseudonym, das ich mir für Veröffentlichungen im Genre Science Fiction ausgedacht hatte; ebenfalls eine Hommage an Philip K. Dick bzw. seinen Roman THE THREE STIGMATA OF PALMER ELDRITCH. Aus »Palmer Eldritch« wurde einfach »L. D. Palmer«. Dick fand das witzig und war durchaus geschmeichelt, als ich es ihm in einem Brief nebenbei mitteilte.
Uwe Anton erscheint in der Reihe Katastrophen Alarm mit Band 11: Der Mond fällt auf die Erde. Auch von Ronald M. Hahn findet sich - unter diversen Pseudonymen - einiges in Comet. Und auch von Helmut Wenske findet sich einiges im Comet. Die deutsche Science Fiction Welt ist, das sehen wir mal wieder, klein.

Sex! Wirklich!

Zu erwähnen ist hier noch eine Reihe von Intimhörspielen, die Rena auf Schallplatten und Kassetten herausgegeben hat - und die auch bei der Deutschen Nationalbibliothek nachgewiesen sind, im Gegensatz zu allen anderen Erzeugnissen von Tandem und Rena. Die Wortschöpfung "Intimhörspiel" gibt es tatsächlich nur im Zusammenhang mit diesen Plattenproduktionen von Rena. Es scheint rund ein Dutzend Titel zu geben, versehen mit dem Hinweis "Abgabe an Jugendliche unter 18 Jahren verboten" - das ist so gar nicht weihnachtlich. Werfen wir den Mantel des Schweigens über dieses Thema.
SF Heft mit zeittypischer Umschlaggestaltung
Die letzte Ausgabe: Comet 6/78
Obwohl: erwähnt sei noch, der bibliographischen Wahrheit geschuldet, dass Rena "sehr erfolgreich" auch Casanova, das aussergewöhnliche Herrenmagazin herausgibt. Es bleibt unklar, was hier aussergewöhnlich ist (der erste Anschein entdeckt nur gewöhnliches), aber möglicherweise erschliesst sich das bei der Lektüre; leider muss dieses Magazin draussen bleiben (vor der Sammlung), zumal Exemplare, wie auch die Intimhörspiele, heute wirklich teuer sind (weil eher selten). Für manchen mag das aber ein "interessantes" Topos für eine Sammlung sein. Es ergänzt vermutlich auch die teuer gehandelten Intimhörspiele thematisch sehr gut.
Von Tandem gibt es noch drei Bände einer Reihe "von Fans für Fans" über Elvis Presley, James Dean und Charly Chaplin. All das hat den Verlag wohl trotzdem nicht retten können.
Die Comet-Hefte sind nicht besonders schwer zu ersammeln, es braucht aber etwas Geduld und kontinuierliche Suche, besonders in der Bucht scheinen sie immer mal wieder vorbeizuschwimmen.
Der Web-Tipp ist noch einmal die Seite der Science Fiction Times, deren Archiv mit den historischen Ausgaben langsam aber stetig wächst. Und das hilft auch dem Sammler, denn die Ausgaben sind nicht nur gescannt, auch der Volltext ist verfügbar und Google bekannt. Man muss also nicht einmal direkt die Seite ansteuern, um bei vielen Recherchen dort zu landen.
Ein Tipp zur eigenen Recherche: Der heutige Tandem-Verlag hat mit dem Renate Stroiks Verlag nichts zu tun - deshalb gehört zum Verlagsnamen immer auch der Ort und deshalb ist nur "Celle: Tandem" eindeutig. Die Suche nach Tandem ist also nicht so leicht ...

Preise

"Comet" - Magazin, diverse Ausgaben jeweils zwischen 5 und 20 Euro
Intimhörspiel, Rena (1974-76), Schallplatte zwischen 20 und 50 Euro
"Casanova. Das aussergewöhnliche Herrenmagazin", Rena (1976-1979) bei 40 Euro

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