Samstag, 14. Dezember 2024

Das Philip K. Dick Film Festival 2024 in Köln

Wieder! Nach einigen Jahren Pause war es so weit: das Philip K. Dick Film Festival in Köln, wohl das fünfte am Ort. Angefangen hatte die Veranstaltung in New York und ist dann nach Europa gekommen – natürlich nach Frankreich, nach Lille. Von dort ging es (u. a.) nach Köln, zuerst 2016, dann 2017 und wie hier im Blog berichtet 2018 und 2019. Das Jahr 2020 hat dann viele – besonders kleinere – kulturelle Veranstaltungen schwer getroffen, aber jetzt war es wieder soweit. Geholfen hat wohl, dass Lille schon seit 2021 weitergemacht hat. Dort fand das Festival in diesem Jahr über die üblichen zwei Tage statt, Köln hatte nur ein kürzeres Programm von einem Tag.
Wie üblich und gewollt, hatten die Filme ganz überwiegend keinen direkten, offenen Bezug zu Philip K. Dick. Der Zusammenhang zu Dick ergibt sich durch die dargestellten Themen: die Frage nach Realität und Menschlichkeit, aktuell ganz häufig im Zusammenspiel mit Künstlicher Intelligenz.
Aussenseite
Das Philip K. Dick Film Festival 2024 in Köln
Der Titel des ersten Blocks war Accelerate the Singularity. Das bezieht sich auf die Singularität als der Moment, wenn die KI intelligenter wird als der Mensch und die Kontrolle übernimmt. Und so geht es im ersten Block auch um Roboter und künstliche Intelligenzen: 

  1. Burner Face
  2. Skinjob
  3. I'm not a robot
  4. Purgy's
  5. Black Dragon
  6. Soulmate
  7. Echoes of June
Der erste Titel Burner Face läuft fast unbemerkt – fast ein Intro, keine Handlung oder Personen. Es folgt Skinjob, ein britischer Animationsfilm von 2017, der ganz direkt Blade Runner aufnimmt. Ein guter Start für den Abend und so ganz passend, weil es einen direkten Bezug zu Philip K. Dick hat – oder zumindest zu Blade Runner.
I'm Not a Robot verfilmt ein Internet-Meme: Lara erfährt in dieser niederländischen Produktion, dass sie ein Roboter ist, als sie ein CAPTCHA nicht lösen kann. Trotz der eher albernen Voraussetzung, sehr gut umgesetzt, das Ende ist vielleicht ein bisschen zu flach; der längste Film mit 22 Minuten.

Dan Abella, der amerikanische Vater des Philip K. Dick Film Festivals in New York, und Tobias Schmücking, Kölner Veranstalter, leiten den Abend ein
Purgy's vermittelt schon eine vorweihnachtliche Atmosphäre, es geht auch die Geister der Vergangenheit, Gegenwart und vielleicht auch der Zukunft. Mit Black Dragon reisen wir in den Vietnamkrieg und treffen andere Gespenster.
In meinem persönlichen Favoriten Soulmate sehen wir Mandeep Dhillon, die wir in der (hier empfohlenen) Serie After Life (Netflix) als junge Journalistin Sandy leider nur in den ersten zwei Staffeln sehen konnten. In Soulmate hat sie als Programmiererin eine gefährliche romantische Beziehung zu einer Figur aus einer Simulation: man darf ein bisschen an Fassbinders Welt am Draht denken.
Im Gegensatz zu Leichtigkeit von Soulmate, das trotzdem ernst bleibt, steht der Lokalmatador Echoes of Juno, der den ersten Block beschliesst. Der einzige deutsche Teilnehme kommt mit einem klaren didaktischen Auftrag und dieser Zeigefinger wischt diesem Zuschauer ein bisschen zu viel im Gesicht herum. In den vorigen Jahren gab es mehr deutsche Beiträge, das war sehr schön, auch weil teilweise die Macher vor Ort waren und über ihre Filme Auskunft geben konnten.
Ein Flyer mit dem Filmprogramm
Das Filmprogramm
Der zweite Block, A Parallax View, umfasste:
  1. I Am What You Imagine
  2. Sour Code
  3. Berdyans'k
  4. Demon Box
  5. A Passage
  6. Greed
  7. It's Not Up to Us
  8. First Time Machine
Es beginnt mit dem experimentellen Kurzfilm I Am What You Imagine. Experimentell, interessant. Sieht man sonst wohl nicht, sollte man aber. Source Code ist wieder nah an Dick: Bin ich ein Roboter? und hätte damit besser in den ersten Block gepasst, aber vielleicht ist eine Mischung besser. 
Berdyans'k spielt vor dem Krieg in der Ukraine und bleibt im Detail rätselhaft und unvollständig – hier ist ein Versprechen auf mehr, das hoffentlich eingelöst wird.
Demon Box ist ein sehr persönliches Stück des Regisseurs Sean Wainsteim – wenn man es sieht, kann man die vielen erlittenen Zurückweisungen nicht verstehen. Es folgen A Passage und Greed, eher konventionell und das gänzlich unkonventionelle visuelle Erlebnis It's Not Up to Us.
Trotz des ernsten Hintergrunds ist Time Machine doch ein heiterer Abschluss: das gute, alte Zeitparadoxon.
Die gezeigten Filme hatten durchweg eine hohe Qualität, teilweise waren sie professionell produziert oder zumindest von professionellen Produktionen nicht zu unterscheiden. Einige der Schauspieler, auf die oben nicht eingegangen wird, sind durchaus bekannt. Andererseits haben die Regisseure und Drehbuchautoren mit diesen Kurzfilmen die Chance etwas anderes oder anders zu machen – und da guckt man gerne zu.  
Vielleicht geht es im nächste Jahr auch mal nach Lille, ganz sicher aber wieder nach Köln, das sowieso immer eine Reise wert ist.
Hier ist eine Liste von Veranstaltungen über und zu Philip K. Dick, die noch viele Ergänzungen braucht und konstant erweitert wird.

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