Samstag, 5. November 2016

Walfang

Sicher am Rand einer Philip K. Dick Sammlung, zumindest meiner Sammlung, stehen Werke anderer Schriftsteller, die sich auf Dick beziehen. Nicht berücksichtigen will ich Romane die in Tradition von Dick stehen oder an Dick erinnern. Oft genug passieren solche Bezüge dieser Tage zur Förderung des Verkaufs. Gelegentlich gibt es aber einen direkteren Bezug, wie bei der hier schon gelegentlich vorgestellten recursive literature.
In aktuellen Fall bin ich auf die Kurzgeschichte Im Auge des Betrachters von Karl-Ulrich Burgdorf gestossen, die Philip K. Dick gewidmet ist. Erschienen ist sie im Band 5 Nanowelten (2013) in der Reihe Phantastische Miniaturen, die von Thomas Le Blanc bei der Phantastische Bibliothek Wetzlar herausgegeben wird. Mit der Widmung In memoriam Philip K. Dick beginnt die nur zwei Seiten lange Kurzgeschichte - aber die Kürze ist Programm in diesem Band: Nanowelten bezieht sich auf Inhalt und Form, d.h. Länge der Geschichten in diesem Band, von denen (fast) keine länger als zwei Seiten ist. Auch im Text bezieht sich Burgdorf auf Dick, der Satz Willkommen in der Wirklichkeit taucht auf, aber das gesamte Thema der Geschichte greift Dicks Frage nach der Struktur der Realität auf.
Nanowelten, herausgegeben von Thomas Le Blanc, enthält die Kurzgeschichte Im Auge des
Betrachters
von Karl-Ulrich Burgdorf, die Philip K. Dick gewidmet ist
Dazu kommt, dass Burgdorf in den 80er Jahren mehrere Romane von Dick übersetzt hat und ein eigenes Fanzine herausgegeben hat: The Prince of Whales. Auf seiner Internetseite schreibt er dazu:
Mehrere Beiträge widmeten sich etwa Philip K. Dick, seinem von mir übersetzten Roman Der unteleportierte Mann und der höchst komplizierten Entstehungs- und Veröffentlichungsgeschichte dieses Werkes – inklusive verlorengegangener und von anderen Autoren ergänzter, dann aber zum Teil doch wiedergefundener Seiten!
Der unteleportierte Mann ist bei Bastei erschienen (1984) - einer der SF-Romane von Dick, der in nur einer deutschen Ausgabe vorliegt. Ausserdem hat Burgdorf Der heimliche Rebell und Der dunkle Schirm übersetzt, der auch in der Fischer-Ausgabe von 2014 noch in der (allerdings überarbeiteten) Übersetzung von Burgdorf vorliegt.
Der Prince of Whales ist - fast buchstäblich - ein weisser Wal, für den der Sammler lange Jahre seine Netze auswerfen und die Bucht befahren kann, ohne ihn jemals zu sehen. Burgdorfs Beitrag wäre sicher spannend zu lesen, als Übersetzer war er ja näher dran als die meisten anderen. Und auch wenn ein Scan für den Sammler nur ein schwacher Ersatz für das Original ist, würde man sich auch hier wieder wünschen, dass sich jemand um den Erhalt der deutschen Fanzines aus der fruchtbaren Zeit der 60er bis in die 90er Jahre kümmern würde, denen das komplette Vergessen droht. Und tatsächlich hat die Phantastische Bibliothek in Wetzlar wohl einige Bände des Prince of Whales im Bestand, möglicherweise durch die Zustiftung von Burgdorf.
Man kann die Nanowelten problemlos direkt bei der Phantastischen Bibliothek Wetzlar bestellen. Eine Ausgabe des Prince of Whales ist mir nur einmal begegnet, leider nicht mit einem Artikel zu Dick.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen