Samstag, 3. August 2019

Nicht nur Sex ...

Etwas irreführendes Titelbild von Chris Foss für die britischen Ausgabe von We Can Build You von Grafton von 1986, auf Deutsch zuletzt übersetzt als Die Lincoln-Maschine beim Heyne Verlag (2007)
Am Schluss müssen Bücher verkauft werden. Ohne Verkauf kein Geld für den Verlag und wenn der Verleger nichts verdient, kriegt auch der Autor nichts. Und welche Rolle Geld für einen Autoren spielt, kann man in vielen Briefen von Philip K. Dick nacherleben – es geht oft um Tantiemen: Tantiemen, um die sich Dick betrogen fühlt, von seinen Verlegern oder auch von der Sowjetunion, Tantiemen, die zu spät ausgezahlt werden, Tantiemen, die nicht reichen. Letztlich ist man als Autor selbstständig, ein (oft) sich selbst ausbeutender Unternehmer. Und so sehr man von der Umwelt als freier und unabhängiger Künstler wahrgenommen wird, Frauen und Kinder müssen Essen.
Daher können wir es Grafton wohl auch verzeihen, dass sie auf dem Umschlagbild von We Can Build You (1986) einen Hitler zeigen – vermutlich ist ein Hitler in Grossbritannien verkaufsfördernder als der sonst für diesen Roman oft verwendete Abraham Lincoln. Obwohl Hitler im Roman gar nicht erscheint – im Gegensatz zu Lincoln, bzw. seinem Simulacrum, das eine Hauptrolle spielt.
Tatsächlich ist Hitler kein gänzlich unbekanntes Motiv für und bei Dick, er wird natürlich im Orakel vom Berge erwähnt (und erscheint in entsprechenden Ausgaben auch auf dem Umschlag), aber auch in weiteren zwölf Romanen und drei Kurzgeschichten. Dieses sehr spezifische Wissen verdanke ich natürlich dem Appendix Dick, über den man unbedingt hier nachlesen sollte, ein verrücktes Buch, dass alle Erwähnungen aller Personen (im weiteren Sinne) im Werk von Dick zusammenträgt.
Also, es gibt keinen Hitler in den rebellischen Robotern (und auch auf keiner deutschen Ausgabe). 
Vulkan 3, Goldmann (1977)
 mit einem Cover von Chris Foss 
Unbedingt erwähnen muss man natürlich noch die kleine Gestalt rechts vom „Führer-Roboter“, wir sehen dort einen kleinen Philip K. Dick als Roboter – Dick ist bekanntlich ein beliebter Cover-Autor.
Die Illustration auf dem Umschlag ist vom britischen Künstler Chris Foss, der für Grafton schon einige andere Cover für Bücher von Dick beigesteuert hat. Dieses ist aber offenbar eine Auftragsarbeit für diesen Roman von Dick. Genau diese Illustration verwendet auch die deutlich teurere gebundene Ausgabe von Severn House (1988). Die Cover von Foss für die anderen Ausgaben sind die generischen Raumschiffe, für die er bekannt ist. Chris Foss hat auch für eine deutsche Ausgabe ein solches Raumschiff-Bildbeigesteuert, Vulkan 3 von Goldmann (1973). Und Foss hat seine Raumschiffe auch dem grössten nie realisierten Film aller Zeiten beigesteuert, Alejandro Jodorowskys Verfilmung von Frank Herberts Dune. Aber das ist natürlich eine ganz andere Geschichte. Und eine andere Geschichte sind auch die Illustrationen von Chris Foss für die Erstausgabe von The Joy of Sex.
Erstaunlich an dieser Grafton Ausgabe ist, dass es sich um die britische Erstausgabe handelt – von 1986! In den USA ist der Roman 1972 bei DAW erschienen, vorher (1969/1970) in Fortsetzungen im Magazin Amazing. Dafür, dass We Can Build You sicher zu den besseren Romanen von Dick zählt, hat es doch erstaunlich lange gedauert, bis er im Vereinigten Königreich angekommen ist. Die rebellischen Roboter sind bei Goldmann schon 1977 herausgekommen, die erste Übersetzung überhaupt ist A. Lincoln, Androide in Italien bei Gamma (1974) – natürlich mit einem Lincoln auf dem Umschlag.

Preise

"We Can Build You", Grafton (1986) ab 4 Euro und das Hardcover von Severn House (1988) ab 40 bis 60 Euro

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