Samstag, 7. September 2019

Die lustigsten Pinguin-Pannen

Die Philip K. Dick Ausgaben von Penguin gehören zu den von mir besonders gesuchten Exemplaren. Zusätzlich zu einem Konvolut, dass ich, wie berichtet, kürzlich erwerben konnte, habe ich beim gleichen Anbieter noch die erste Ausgabe von Dick bei Penguin gekauft – hauptsächlich, um Porto zu sparen.
Die Ausgaben von Penguin sind in der Regel schlecht erhalten – es handelt sich um die billigen Paperbacks, nicht die etwas besseren Trade Paperbacks, das Papier ist billig, der Einband einfach – und die Ausgaben von Dick sind alt. Um so schöner also, dass diese Ausgabe – insbesondere für üblicherweise notorisch zerfledderte Penguin Bücher – doch sehr schön erhalten ist (eigentlich perfekt, bis auf den hässlichen Knick im Einband). Und immerhin ist das Buch von 1965 … oder nicht?
The Man in the High Castle von Penguin
mit Max Ernsts Die versteinerte Stadt
Die Rückseite mit dem Bild von Ted White
und dem falschen Namen des Umschlagbildes
Bei näherer Beschäftigung mit dem Buch, entfaltet sich eine ungewöhnliche Serien von Pleiten, Pech und Pannen – und dieser Blog hat ja schon einiges erlebt bzw. gezeigt. Das Impressum des Buches sagt Published in Penguin Books 1965. The Internet Speculative Fiction Database sagt aber Actually Published February 1967, ist sich dabei aber nicht ganz sicher, denn sie fragt: Source? Von anderer Stelle wird February 1967 gestützt, aber auch hier ohne verbindliche Quelle. Was soll man nun denken?
Das Umschlagbild ist ein Ausschnitt vom Bild Die Versteinerte Stadt des deutsch-französischem Malers und Grafikers Max Ernst. Möglicherweise heisst das Bild im Original auch La ville pétrifiée, schliesslich lebte Max Ernst 1935, als er das Bild gemalt hat, schon lange in Paris – vermutlich gibt es aber auch nicht den einen verbindlichen Namen. Im englischen ist Die versteinerte Stadt aber The Petrified City und hängt in der Manchester Art Gallery.
Die Quellenangabe auf der Rückseite nennt das Bild aber The Petrified Forest, ebenfalls ein Bild von Max Ernst, aber eben ein anderes. Nun ja, in den Zeiten vor dem Internet – sei es 1965 oder 1967 – ist dem Redakteur der Fehler nachzusehen, vor allem, weil er sich hier vielleicht auf sein kunstgeschichtliches Wissen verlassen hat – und dafür war er doch ganz nah dran. Viele der surrealen Bilder von Max Ernst speziell der 30er Jahre, wie die Reihe Die ganze Stadt, scheinen wie gemacht für die Umschlagbilder von Science Fiction Romanen der 60er und 70er Jahre. Zu Dicks The Man in the High Castle passt dieses Bild eher nicht, finde ich – es passt nur zum Titel, der aber, wie der Leser weiss, wenig mit den Inhalt des Romans zu tun hat: Immerhin treffen wir den Mann aus dem Titel nicht in den Bergen, sondern bei einer Cocktail-Party in seinem Einfamilienhaus in der Vorstadt, ein Schloss ist nicht zu entdecken. Aber es geht natürlich um Erwartungen ...
Falsches Datum, falsches Bild ... was kann jetzt noch schief gehen? Dafür haben wir auf der Rückseite ein schönes Bild von Ted White. Aber warum? Ted White war seinerzeit ein Freund von Dick und hat sich später (1969) um die Veröffentlichung von Dicks We Can Build You verdient gemacht, aber warum würde Penguin ihn dann auf The Man in the High Castle drucken? Die Erklärung finden wir in einem Brief von Ted White (in PKDS Newsletter, #6, 1985; oder online nachlesen im Fanzine Journey Planet No. 16): Tatsächlich hat wohl Dick dem Penguin Verlag ein Bild von White [als Foto des Autors] geschickt – wohl ein als Scherz verpacktes Dankeschön an White, der es in einem Brief so beschreibt:
En Handful Mörker
As a jape, he [Dick] gave Penguin a photo of me and it was printed [as a photo of the author] on the back cover of the British Man in the High Castle.
Nun gut, eine sehr entfernte Ähnlichkeit von White und Dick macht das Bild eines leidlich bekannten amerikanischen Autoren für einen britischen Redakteur wohl plausibel (von Dick waren in Grossbritannien bis dahin nur zwei Romane, eine Anthologie und einige Kurzgeschichten erschienen). Penguin kann man hier also höchstens eine minimale Fahrlässigkeit vorwerfen. Und einen Science Fiction Roman herauszugeben, ist ja kein investigativer Journalismus. Immerhin stimmt der Name des Autoren auf dem Titel. Bei den folgenden acht Ausgaben dieses Romans hat Penguin es dann auch besser gemacht.
Allerdings … ist das Bild von Ted White dann 1976 noch auf dem Cover von En Handfull Mörker, der schwedischen Ausgabe von Dicks Anthologie A Handful of Darkness, gelandet. Man darf annehmen, dass man hier auf ein Bild von Philip K. Dick hoffte, nicht von Ted White.
Der Web-Tipp ist ein Video bei YouTube Die lustigsten Pinguin-Pannen (nichts für zarte Gemüter) und ein ausführlicher Blogeintrag über Penguin Covers bei Justseeds.
Und zum Schluss noch einmal Dank an Total Dick-Head – den ultimativen Blog zu Dick: UNBEDINGT LESEN! – für den Hinweis auf Ted White, der mir sonst sicher entgangen wäre.
Alles von Penguin (UK) zu Philip K. Dick gibt es bibliographisch komplett hier.

Preise

"The Man in the High Castle", Penguin (1965) in guter Erhaltung: 12 Euro

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