Samstag, 10. April 2021

Killing Machine

The Killing Machine und andere
Geschichten
, Hatje Cantz (2007)
Die Kurzgeschichten von Philip K. Dick sind, nicht nur im Deutschen, überwiegend in einschlägigen Publikationen erschienen. Die Mehrzahl der rund 130 Kurzgeschichten ist, für den Leser dieses Blogs vermutlich: bekanntlich, zuerst in den bunten Science Fiction Pulp-Magazinen der 50er Jahre erschienen, dann in einschlägigen Anthologien und schliesslich in Kurzgeschichtensammlungen entsprechender Verlage und Reihen. Das gilt auch für die deutschen Übersetzungen, Heyne hat sich hier lange hervorgetan.
Die Affinität vieler Künstler ausserhalb des Genres zu Philip K. Dick führt dann aber gelegentlich dazu, dass Dick in ungewöhnlichen Publikationen erscheint. Ein Beispiel einer deutschen Publikation ist The Killing Machine und andere Geschichten 19952007. Der Katalog der Deutschen Nationalbibliothek, eine für bibliographische Fragen meist unbestreitbare Autorität, nennt dieses Werk eine „Konferenzschrift“. Äusserlich kommt es wie ein gewöhnliches Kunstbuch daher, inhaltlich ist es der Katalog der gleichnamigen Ausstellung des kanadischen Künstlerpaares Janet Cardiff und George Bures Miller.
Diese Buch enthält neben Essays der Ausstellungskuratoren auch Kurzgeschichten von u. a. Jorge Luis Borges, Franz Kafka und eben Philip K. Dick. Und diese Geschichten haben die Künstler selbst ausgewählt: Dick der Künstler für Künstler.
Das Buch enthält auch eine DVD – für vollkommenen Raumklang bitte Stereokopfhören benutzen – mit einigen Werken des Paares, da es sich bei den Werken um Video- und Klanginstallationen handelt. In einem Buch ist Kunst dieser Art sonst nur schwer abzubilden. Die eindrucksvolle DVD – wirklich nur mit Stereokopfhörer hören! – enthält elf Werke zwischen „schwer zugänglich“ und Musikvideo.
Cardiff und Miller haben 2012 mit ihrem Video Walk und der Klanginstallation Forest auch an der Documenta 13 mitgewirkt.
Das Buch selbst, das sei erwähnt, ist schön gebunden und die Kurzgeschichten auf schwerem Papier zwischen den grösseren Kunstdruckseiten quasi eingerückt. Das ist ein wirklich schönes Buch, erschienen auch in einer englischen Variante, The Killing Machine and Other Stories 19952007 beim selben Verlag. Cardiff hatte schon in The Walk Book, Walther König (2005), einen Beitrag von Dick, wohl einen kurzen Exzerpt aus Martian Time-Slip (dieses Buch ist leider nicht in der Sammlung und der Inhalt nicht ganz klar).
Bei der Geschichte von Dick handelt es sich um Die Konservierungsmaschine [The Preserving Machine], zuerst erschienen in einem Pulp, The Magazine of Fantasy and Science Fiction im Juni 1953. Man hat die Übersetzung von Thomas Ziegler von 1981 gewählt, nicht die neuere Übersetzung der Gesamtausgabe von Walter Grossbein von 1998.
Die titelgebende Konservierungsmaschine hat einen direkten Bezug zu den Klanginstallationen der Ausstellung, soll sie nach dem Willen ihres Erfinders Doc Labyrinth doch die Musik vor dem drohenden Untergang der Zivilisation retten. Diese Angst vor dem Untergang entsprach dem Zeitgeist und war ein Lieblingsthema der Science Fiction, das Thema Musik ist natürlich Dick-typisch. Und die Musik, an die der Autor denkt, ist seine Lieblingsmusik, Klassik von Bach, Wagner, Mozart.
Die Idee Musik ausgerechnet in Tieren zu konservieren, erscheint mir doch recht drollig. Ich fühlte mich stark an Stanislaw Lems später geschriebene Kyberiade erinnert, eine Sammlung von Kurzgeschichten über die Erfinder Trurl und Klapauzius, die ebenfalls absurde Objekte erschaffen. So bauen sie eine Maschine, die alles erschaffen kann, was mit dem Buchstaben „N“ beginnt, was beinahe das Ende des Universum verursacht.
Tatsächlich hatte wohl auch Dick eine Serie von Erzählungen um Doc Labyrinth im Sinn. Eine zweite davon ist Das kurze glückliche Leben des braunen Halbschuhs [The Short Happy Life of the Brown Oxford] erschienen im Januar 1954 im gleichen Magazin, hier geht es um einen verliebten Herrenschuh. Dick hatte viel Humor. Da die zweite Geschichte weniger gut angekommen ist, endete die Reihe. Mehr zur Veröffentlichungsgeschichte kann man, wie immer, in der Encyclopedia Dickiana nachlesen.
Dieses schöne Buch ist (natürlich) antiquarisch problemlos in bester Erhaltung zu finden, auch in der englischen Variante, dort allerdings etwas teurer. Interessant ist es, weil es eben nicht aus dem Genre ist, sondern ein eher ungewöhnliches Stück in der Sammlung. 
Eine Übersicht über alle deutschen Ausgaben von Kurzgeschichten von Dick findet sich hier im Blog.

Preise

"The Killing Machine und andere Geschichten 1995-2007", Hatje Cantz (2007), ISBN 978-3-7757-1937-7, antiquarisch in bester Erhaltung ab 10 Euro
"The Killing Machine and other Stories", 978-3-7757-2002-1, ab 20 Euro.

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