Angefeuert von der allgemeinen Lage bringen tektonische Verschiebungen schon seit einiger Zeit immer wieder tief sedimentierte und daher lange vergrabene Bücherschichten ans Tageslicht. Alles für die Sammlung Relevante hatten Tiefenbohrungen eigentlich schon gefördert, aber bevor die Reste endgültig zum Abraum kommen, wird noch einmal sorgfältig gesiebt … und das eine oder andere interessante Stück findet sich doch noch.
Seine Fortsetzung von Zelaznys Geschichte, die 1964 erstmals erschienen ist, greift die geschaffene Welt auf, führt die Geschichte aber nicht fort. Williams Novelle ist 1990 schon im Englischen Original bei TOR als Double – aber nicht als Wendebuch – mit Zelaznys Vorgänger erschienen. Heyne hat das dann 1993 so übernommen und sich – einmalig in der Science Fiction Reihe – für dieses spezielle Format entschieden. Etwas unglücklich finde ich, dass man durch den Barcode mit der ISBN eine Rückseite definiert hat; bei den Ausgaben von Ace gibt es kein „vorne“ und „hinten“ – beide Beiträge sind gleichwertig; andererseits definiert hier schon die zeitliche Abfolge eine Reihenfolge. Das nachhaltig beidseitig verwendete Umschlagbild stammt von Karel Thole, der auch für Dicks Eine andere Welt gemalt hat.
 |
| Die Seite von Roger Zelazny: Das Friedhofsherz |
So ist mir Das Friedhofsherz in die Hand gefallen: im Original The Graveyard Heart von Roger Zelazny, der in diesem Blog gelegentlich als Ko-Autor von Philip K. Dick genannt ist. Erwähnenswert ist diese Ausgabe aber, weil sie nicht nur diese Novelle enthält, sondern auch Eine Elegie für Engel und Hunde, eine Fortführung von Zelaznys Text durch Walter Jon Williams – und zwar als Wendebuch. Viele von Dicks frühen Erstausgaben sind beim Verlag Ace Books in einem Wendebuch erschienen, Ace nennt die Reihe Doubles.
Williams ist mir als Autor von Cyberpunk-Romanen in Erinnerung geblieben, später hat er sich aber anderem zugewandt und diverse SF-Reihen geschrieben. Mit Dick verbindet ihn nur eine für ihn sehr unglückliche Nominierung für den Philip K. Dick Award (den dieser Blog komplett ignoriert).
 |
| Eine Elegie für Engel und Hunde auf Walter Jon Williams Seite offenbar die Rückseite, wie der Barcode erkennen lässt |
Die Folio Society hatte 2017 ein aufwändiges Wendebuch mit zwei Romanen von Dick herausgebracht, quasi als Referenz an Dicks Erstausgaben. Enthalten waren Do Androids Dream of Electric Sheep? und A Scanner Darkly, hier im Blog zu finden. Bei einigen Sammlern und Enthusiasten ist diese Ausgabe damals nicht so gut angekommen ist, vielleicht ist die deshalb noch erhältlich? Auch ich finde die Zusammenstellung etwas eigentümlich. Zwei hervorragendes Romane, aber etwas divers in der Zusammenstellung. Und warum ist nicht Solar Lottery dabei, Dicks Erstling, der als Wendebuch mit Leigh Bracketts The Big Jump bei Ace erschienen ist? Insgesamt gibt es bei Ace Books acht Wendebücher von Dick.
 |
| Ein Wendebuch-Buchrücken |
In der Sammlung wird Das Friedhofsherz mit seinem siamesischen Zwilling Eine Elegie für Engel und Hunde in der Rubrik Kuriosa aufgenommen, so viel Spass muss erlaubt sein.
Bei der Deutschen Nationalbibliothek, einer sonst verlässlichen und zu empfehlenden Quelle, ist Das Friedhofsherz auch zu finden, der Bibliothekar hat das Buch auch zuverlässig eingearbeitet, allerdings nie umgedreht – ein Verweis auf Williams Eine Elegie für Engel und Hunde fehlt dort gänzlich.
Und natürlich eignen sich Wendebücher gut zum Sammeln. Im deutschen Sprachraum handelt es sich überwiegend um Bücher mit Bildern, Comics und Bilderbücher für Kinder, es gibt aber auch durchaus einige, die sich an ein erwachsener Publikum richten, wie das oben gezeigte Friedhofsherz und auffällig oft auch Ausstellungskataloge. Das ist sicher kein übersichtliches Thema, aber gerade deshalb recht spannend.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen