Thomas M. Disch ist einer der Namen,
der im Umfeld von Philip K. Dick immer wieder fällt. Disch war etwas jünger
als Dick und ist bekannt für seine Science Fiction, war aber in vielen
anderen Formen und Genres aktiv.
In der Sammlung ist jetzt ein Gedichtband von „Tom Disch“, unter diesem
Namen hat er seine Gedichte veröffentlicht: Endzone –
Letzte Gedichte, herausgebracht vom Mitteldeutschen Verlag im Jahr
2018.
Endzone von Thomas M. Disch, enthält einen Brief von Philip K. Dick |
Enthalten ist auch der (erste) Brief, den Dick an das FBI geschrieben hat, im
Original. Eingefügt hat ihn Christopher Ecker, Herausgeber und Übersetzer der
Gedichte, in einer Fussnote seines umfangreichen biographischen Essays
Warum wir alle Pyramiden bauen sollten. Das Essay findet sich in
ähnlicher Form in Das Science Fiction Jahr 2009 bei Heyne,
veröffentlicht kurz nach Dischs Tod 2008. Das Nachwort zu diesem Buch stammt
von Dietmar Dath, einem bekennender Fan (auch) von Dick, es folgt ein
spannender Bildteil, dem man eine etwas bessere Reproduktionsqualität
gewünscht hätte.
Den Hauptteil des Buches bilden aber Gedichte aus Dischs Blog der letzten zwei Jahre. Abgedruckt ist jeweils links das englische Original und rechts die Übersetzung on Ecker. Der Band ist aber keine Übersetzung eines amerikanischen Buches, es handelt es sich um eine deutsche Originalveröffentlichung.
Den Hauptteil des Buches bilden aber Gedichte aus Dischs Blog der letzten zwei Jahre. Abgedruckt ist jeweils links das englische Original und rechts die Übersetzung on Ecker. Der Band ist aber keine Übersetzung eines amerikanischen Buches, es handelt es sich um eine deutsche Originalveröffentlichung.
Endzone ist erst 2018 herausgekommen und bei der Lektüre des Essays von
Ecker kann man sehr vage erahnen, dass es nicht leicht war, dieses Buch zu
veröffentlichen. Dafür spricht auch, dass sich im Netz (und in den Katalogen
diverser Anbieter) eine gleichnamige Ausgabe des untergegangen Verlags
Luxbooks findet (natürlich mit ISBN: 978-3-939557-79-1), das Buch ist aber nie
erschienen, ein weiterer Geisterband.
In seinen Briefen an das FBI erschafft Dick ein dickes Gespinst von
Verschwörungen von Thomas M. Disch über Darko Suvin bis zu Stanislaw Lem und
Franz Rottensteiner. Disch verdächtigt er in seinem Roman
Camp Concentration „kodierte“ Nachrichten versteckt zu haben, über
einen Angriff, „World War III“, auf die USA durch eine tödlichere Variante von
Syphilis. Bekannt geworden ist das erst 1991, etwas mehr dazu gab es schon im
Blogeintrag zur Fortean Times.
Dischs Reaktion darauf, soweit man sie aus seinen Veröffentlichungen ableiten
kann, ist ambivalent. Er bleibt ein Freund von Dicks Werken, vorher wie
nachher hat Disch positiv über Dick geschrieben. Und das ist um so
bemerkenswerter, als das er sich – wenn auch nicht in so heftig wie Stanislaw
Lem seinerzeit – wenig positiv über grössere Teile der
amerikanischen Science Fiction geäussert hat. Die Person Dick aber kommt
bei Disch, wie eine Anzahl anderer, des Öfteren weniger gut weg. Zu Dick
schreibt er am 2.12.2006
in seinem Online-Tagebuch
Das rot in hell Motiv spinnt er in seinem letzten Roman aus, in The Word of God: Or, Holy Writ Rewritten, erschienen bei Tachyon im Jahr 2008, wenige Tage vor Dischs Tod. Hier sitzt Dick in der Hölle und bekämpft seine Schreibblockade mit Menschenblut. Die Erwähnung von Geld spiegelt wohl Dischs schwierige Lage wieder, nicht nur finanziell, sondern auch was die Anerkennung seiner Arbeit als (Science Fiction) Autor angeht. Das zeigt sich in anderer Weise wohl auch in der einem Satz, der im gleichen Eintrag des Tagebuches steht:may he rot in hell, and may his royalties corrupt his heirs to the seventh generation.
I doubt anyone has made the case for his work, speedwritten as it often was, better than I, but Lethem is writing the intro, and he commands the spotlight now and what can I do but accept my lot as a played-out has-been […].
Disch, der 1987 (eine) Einführung in die grosse posthume Veröffentlichung
der Collected Stories geschrieben hat, ist nicht mehr der
führende Apologet des Philip K. Dick, es ist nun Jonathan Lethem, so sieht er
das.
Thomas M. Dischs wohl grösster Erfolg, der Roman Camp Concentration |
Eine weitere, wenn auch wohl zufällige Parallele sei hier erwähnt: Beide haben
sich an Jugendbüchern versucht. Während Dicks
Nick and the Glimmung aber
nur eine wenig erfolgreiche, wenn auch nette Anekdote ist (für die ich auch
nie eine Erklärung finden konnte: Ein Kinderbuch? Wie kommt er darauf?), so
ist Dischs Ausflug in die Kinderunterhaltung ein grosser Erfolg:
Der tapfere kleine Toaster, im Original
The Brave Little Toaster
wird 1987 von Disney verfilmt, es gibt zwei Fortsetzungen des Films, Disch
schreibt auch weitere Kinderbücher.
Und schliesslich war wohl auch Disch kein einfacher Charakter. Wo Dick sich
von seinen Verlegern beraubt sah, fühlte sich Disch nicht genug gewürdigt und
auch er konnte über andere – nicht nur über Dick – böse schimpfen.
Leben und Werk von Thomas M. Disch bieten wie das von Philip K. Dick Drama und
Tragik, wenn sich auch Dischs Werk weniger einfach eingrenzen lässt, weder
innerhalb der Science Fiction noch in dem grossen Bereich ausserhalb, wo er
Kinderbücher, Gedichte und Kritiken schrieb.
Beim Erwerb von Endzone ist zu beachten, dass die Ausgabe (vom
Mitteldeutschen Verlag) häufig als Remittende angeboten wird. Die Erfahrung
lehrt uns also, vorsichtig zu sein. Auch wenn der Verkäufer das nicht
angibt, wird vielleicht ein „Mängelexemplar“ angeboten – auch
wenn einen das nicht stört, man will es vielleicht wenigstens vorher wissen.
Und den Sammler stört es sowieso. Derzeit ist das Buch aber verlagsfrisch
überall dort, wo es Bücher gibt – also vor allem im lokalen Buchhandel!
– zu erhalten.
Eine lesenswerte Kritik zu Endzone findet sich hier. Zum Abschluss ist hier der Web-Tipp passend zum Thema, der Blog von Tom Disch, sehr persönlich, sehr tief und (nicht nur) rückblickend auch sehr traurig.
Eine lesenswerte Kritik zu Endzone findet sich hier. Zum Abschluss ist hier der Web-Tipp passend zum Thema, der Blog von Tom Disch, sehr persönlich, sehr tief und (nicht nur) rückblickend auch sehr traurig.
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