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Das Schubert Theater |
Jane wird überraschend von Phil Deckard aufgesucht, einem Agenten der Androiden-Fabrik Tyrell Corporation. Doch er sucht nicht nur Janes‘ Hilfe für seinen kaputten, elektronischen Hund. Er hat den Auftrag, die neueste Generation der Androiden zu prüfen. Dies gelingt nur mit komplexen Tests wie der Voigt-Kampff-Apparatur, einer Mischung aus Turing-Test, psychologischer Befragung und Mikroreaktionszeitmessung.Es braucht nicht viel Kenntnis, eine Figur Phil zu nennen, aber die weibliche Figur Jane zu nennen deutet stark darauf hin, dass der Autor sich zumindest etwas mehr mit der Person Philip K. Dick beschäftigt hat. Jane ist (natürlich) die in der Krippe verstorbene Zwillingsschwester von Phil mit der er sich sein Leben lang beschäftigt hat und deren Echo man in seinem Werk finden kann.
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Prunksaal der Nationalbibliothek |
Und es hilft, dass Wien immer eine Reise wert ist, auch im Februar. Gemischtes
Wetter, Hofburg, Kapuzinergruft, St. Stephan, Zentralfriedhof, echtes Wiener
Schnitzel. Und natürlich der Prunksaal der Nationalbibliothek! 200.000 Bände,
als Kaiser sammelt man halt auf einem anderen Niveau (und vermutlich
steuerlich absetzbar). Zu kaufen fand sich (fast) nichts in Wien (ein
Blade Runner Origins
Comic, wider besseren Wissens), zur
Villa Fantastica hat es
nicht gereicht.
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Blade Runner u.a. |
Am letzten Abend dann der Höhepunkt: Frühe Ankunft am Schubert Theater, die
Karten waren reserviert, aber noch nicht bezahlt – klappt natürlich trotzdem. Ein hoher
Flur, überall hängen Puppen, ausdrucksvoll (und weniger geeignet für Kinder),
stimmungsvoll. Dank der frühen Ankunft kann man sich in die Bar-Ecke setzen
und beobachtet, dass die Karten nachgefragt sind, es ist ausverkauft, die
Warteliste so lang, dass Spontanentschlossene keinen Eintritt mehr finden. Das
Publikum wirkt mehr wie ein kulturinteressiertes Stammpublikum als Blade Runner
Fans.
Einlass. Das Stück: Vor den Motiven von Blade Runner. Jane Sebastian,
die genetische Designerin trifft auf den Blade Runner Phil Deckard und dessen
kranken Hund Buster (dessen Name sich natürlich auf die Figur des Herrn
Freundlich/Friendly bezieht, den es im Film nicht gibt). Die Puppen, Buster
und der Kopf, haben einen relevanten, aber kleineren Anteil, es geht um Jane
und Phil und ihr Zusammenstossen: Wer ist und was will der andere?
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Erwartungsvolle Stimmung vor dem Beginn |
Wir bewegen uns bei der Handlung in einem ähnlicher Rahmen wie die
Replikantenoper: Ein Rückblick aus der Zukunft auf den ausgestorbenen
Menschen, daher im Titel: hier „Ein Märchen“ dort „The End“.
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Soffi Povo und Angelo Konzett |
Ein Highlight, ein großes Erlebnis war das Gespräch, dass ich mit
Simon Meusburger führen konnte: das Haus ist klein, man trifft den
Intendanten zufällig auf dem Hof, mit seinem großartigen Hauptdarsteller
Angelo Konzett und – leider nur ganz kurz – der grossartigen
Soffi Povo. Povos intensives Spiel mit Buster ist besonders zu
vermerken (oh, das arme Vieh!). Das Gespräch zeigt, hier ist ein echter
Dickhead, jemand der viel von und über den Autoren gelesen und
verstanden hat und den das begeistert hat. Ausdrücklich erwähnen muss man das,
weil Philip K. Dick, aber noch viel mehr Blade Runner als Etikett
verwendet werden, um Aufmerksamkeit zu erregen für Dinge, die dann höchstens
einen faden Schatten des Beworbenen enthalten. Auch das ist nicht so schlecht,
zeigt es doch, dass Dick genug Aufmerksamkeit gefunden hat, um als Werbeträger
zu dienen (zumindest in unserer kleinen Ecke). Fährt man aber für ein
Theaterstück nach Wien, erhofft man etwas mehr. Hoffnungen übererfüllt, dieses
Stück ist ein grossartiger Beitrag zu Dicks Wirken, der aber auch ganz für
sich selbst stehen kann.
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Was für den Sammler übrigblieb |
Die umfassenste qualifizierte Kritik findet sich wohl
hier, auch bebildert, und inhaltlich kann ich mich dem dort geschriebenen
auch anschliessen.
Zum Abschluss: Ein Erlebnis, das sich lohnt. Und natürlich, darum geht
es (auch) in diesem Blog: Wir sehen, Dick inspiriert andere Künstler, in
Theater, Film, Musik, Literatur (sowieso) und darüber hinaus. Kein
Überraschung, aber hier doch aufgezeichnet und bei diesem Stück besonders
relevant, weil es halt Deutsch ist und das ist ja eigentlich der Fokus dieses
Blogs.
Eine Auslandstournee in die Schweiz hat das Stück auch schon gemacht, darauf
warten, dass es zu einem kommt, sollte man aber nicht. Wer den
Blade Runner noch sehen will, der sollte
das Stück beim Schubert Theater
im Auge behalten: aktuell sind Aufführungen für den 24. und 25. April
angekündigt.
Eine (vermutlich unvollständige)
Sammlung von Bühnenstücken nach Philip K. Dick findet sich hier im Blog.
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