Samstag, 16. April 2016

Selbstbezügliches

Sicher ein Randbereich des Themas Philip K. Dick sind die Geschichten und Romane, in denen Philip K. Dick eine handelnde Person ist oder auf ihn angespielt wird. Im Englischen wird das im weiteren Sinne Meta-SF, im engeren recursive literature genannt. Die Tatsache, dass Dick relativ oft derart rekursiv auftritt, hat sicher viel damit zu tun, dass er viele andere Autoren des Genres beeinflusst hat. Aber es hat auch damit zu tun, dass Dick sich selbst in seinen Geschichten auftreten liess: Natürlich in Valis als Horselover Fat und Philip K. Dick, in Radio Free Albemuth, aber auch schon 1964 in der Kurzgeschichte Waterspider, in der Dick und viele seiner Kollegen auftreten. Die Kurzgeschichte ist zuerst in der Januar-Ausgabe von IF erschienen, auf Deutsch unter dem Titel Projekt Wasserspinne in der äusserst schwer zu findenden Nummer 90 des Fanzines Munich Round Up (1966), einer bitteren Lücke auch in meiner Sammlung.
Das Momster von John Sladek bei Heyne
 von 1987, übersetzt von Ronald M. Hahn 
Ein anderes Stück aus der gleichen Zeit, in dem sich Dick selbst als Figur vorkommen lässt, ist Orpheus auf mit Pferdefuss [Orpheus with Clay Feet] im Sampler Erinnerungen en gros bei Haffmans (1991), eine Geschichte, die 1963 geschrieben und dann nicht erschienen ist – auch nicht unter Pseudonym – und bis zu den Collected Stories (1987) vergessen war.
Die rekursiven Romane und Geschichten mit der Figur Dick lassen sich relativ leicht sammeln, wenn man weiss, was man sucht.
Viel enthält das von Uwe Anton herausgegebene Willkommen in der Wirklichkeit, das sowieso schon Teil jeder Dick-Sammlung sein sollte. Teilweise sind diese Geschichten, die im Buch übrigens streng in alphabetischer Reihenfolge der Autoren geordnet sind, auch in anderen Ausgaben erschienen.
Ansonsten ist man auf Zufallstreffer bei den üblichen Suchen angewiesen. Dabei hilft, dass jeder Bezug zu Dick heutzutage gerne annonciert wird. So habe ich auch Die Akte PKD von Wolf Welling in Ausgabe 31 des Magazins für Science Fiction Stories Exodus gefunden. Ansonsten helfen nur die englischen Seiten, allen weit voran die Seite zur Recursive Science Fiction der New England Science Fiction Association. Von dort noch einmal auf alle deutschen Ausgaben zu kommen, ist allerdings noch mal etwas Arbeit. Tatsächlich kann dabei ein recht altes Verlagsverzeichnis wie Das Programm (1998) von Heyne helfen: Keine Übersicht im Internet ist wirklich vollständig, insbesondere wenn einzelne Geschichten ausserhalb der einschlägigen Reihen erschienen sind, wie Metastatis von Dan Simmons. Und das Blättern in einem Buch ist oftmals doch schneller als die Suche bei Google. Aber auch Das Programm ist unvollständig … und bedient natürlich nur Heyne-Ausgaben bis 1998. 
Die Verwandlung von Kingsley Amis bei
Heyne (1986)
Es gibt auch einige Romane, in denen Dick auftritt. Allen voran natürlich Dieser Mann ist leider tot von Michael Bischop, auf Deutsch erschienen bei Heyne (1993), englische Ausgaben gibt es recht viele. Weniger bekannt – und auch recht kurz – ist die Referenz zu Dick in Die Verwandlung von Kingsley Amis, bei Heyne (1986): In diesem Alternativwelt-Roman wird ein Philip K. Dick als Autor des Buchs Das Orakel vom Berge erwähnt, einer dort sogenannten Zeitspekulation, in der sich die Welt anders entwickelt hat als in der Alternativwelt des Romans [Seite 29–33].
Ein besonderes Werk ist Dick: Vom Leben und Sterben eines gottlosen Gnostikers. Eine Opernerzählung von Gero A. Reimann, erschienen beim ID-Verlag (1984), das so wie sein Autor in einem späteren Blogeintrag ausführlicher besprochen wird. Hier sei gesagt, dass es sicher in die Kategorie recursive fällt. Und das es nicht einfach zu finden ist.
Michael K. Iwoleits Rubikon mag man nicht mehr in die Kategorie recursive einordnen, es ist Philip K. Dick gewidmet. Iwoleit gehört zu den Autoren, die Dick als Vorbild nennen; ich habe es in der Sammlung.
Ein letzter Roman mit einem starken Bezug zu Dick ist Dr. Adder von seinem Freund K. W. Jeter, das hier wegen Dicks Nachwort schon erwähnt worden ist, in dem sich Dick anagrammatisch in der Figur des DJs Radio KCID findet.
Die bibliographischen Informationen zu den rekursiven Kurzgeschichten und Romanen finden sich auf einer separaten Seite.
Der einzige auf Deutsch veröffentlichte rekursive Comic ist wohl Die religiöse Erleuchtung des Philip K. Dick von Robert Crumb, der sich in verschiedenen Sammelbänden findet.
Alle erwähnten Bücher lassen sich – mit Ausnahme von Reimanns Opernerzählung – relativ leicht und günstig bei den üblichen Quellen finden. Ob man hier alle Ausgaben sammeln möchte oder jeweils eine Ausgabe reicht, sei jedem selbst überlassen. Auf jeden Fall ist hier das Erstellen des Katalogs eine grössere Anforderung als die Bücher dann zu finden – schon die Entscheidung, ob eine Geschichte oder ein Roman hineingehört, also rekursiv ist, kann schwierig sein. Sicher ist auch mein Katalog nicht vollständig, er mag aber als Grundlage dienen. Vielleicht hat ja ein Leser dieses Blogs noch einen Hinweis für mich.
Ein paar Quellen zur recursive Science Fiction aus dem angelsächsischen Raum seien hier noch genannt. Speziell mit Dick beschäftigt sich Philip K. Dick in Science Fiction. Allgemein nachlesen kann man einiges in The Greenwood Encyclopedia of Science Fiction and Fantasy: Themes, Works and Wonders Band 2 von Gary Westfahl (Herausgeber), Westport, Connecticut; London: Greenwood Press (2005) im Kapitel Metafiction and Recursiveness (Seite 519–521).
Im Internet findet sich noch eine nette Überblicksseite zum Thema in der Encyclopedia of Science Fiction.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen