Gut Ding will Weile haben. Oder am Ende wird alles gut. Und ein Sammler
braucht sowieso Geduld … Daher passt es schon, wenn diese Neuentdeckung
schon fast vier Jahre auf dem Markt ist – bzw. eigentlich schon wieder vom
Markt verschwunden.
Das amerikanische Comic-Magazin Heavy Metal hat in der Nummer 298 aus dem Jahr 2020 die Geschichte
Philip K. Dick's Head is Missing veröffentlicht. Wie das deutsche
Schwermetall, von dem hier neulich berichtet wurde, hat auch
Heavy Metal anfänglich, gegründet 1977, Inhalte des französischen
Metal Hurlant übernommen. Nachdem Metal Hurlant 1987 eingestellt wurde,
hat man verstärkt andere Inhalte veröffentlicht. Schwermetall hat
bis 2000 durchgehalten, Heavy Metal wurde im vorigen Jahr eingestellt.
Heavy Metal 298 mit Philip K. Dick's Head is Missing |
Philip K. Dick's Head is Missing ist eine Geschichte von Michael
David Nelsen, der sie gemeinsam mit Dwayne Harris gezeichnet hat. Auf 17
farbigen Seiten beschreibt sie die Apotheose des Philip K. Dick in drei
wechselnden Zeitebenen: Vergangenheit, „Gegenwart“ und Zukunft. Zentrales
Element ist der „verlorene Kopf des Philip K. Dick“, Nelsen bezieht sich
hier auf David F. Duffys Buch Losing the Head of Philip K. Dick.
Duffy erzählt darin die wahre Geschichte einer Gruppe Wissenschaftlern, die
2005 einen Androiden mit der Anmutung von Philip K. Dick bauen, der auch
eine Gespräch in der Rolle des Autoren führen kann. Dicks Tochter Isa hatte ihm dabei eine beängstigende Fähigkeit bescheinigt. Der lebensechte Kopf des
Androiden geht später titelgebend auf einem Flug verloren.
David Duffys How to Build an Android mit Philip K. Dicks Kopf auf dem Cover |
Nelsen verbindet diese Geschichte mit Dicks pink beam und den Fischanhänger, Gnosis, VALIS, mit Teilen aus der
Exegesis und Berichten seiner Freunde, seinem Tod und spinnt sie
weiter in die ferne Zukunft: Ein wilder Ritt, absolut einem Philip K. Dick
würdig, der selbst seine Ideen immer wieder neu gemischt und aufbereitet
hat, um einen neuen Aspekt zu beleuchten: der Abschluss der Geschichte, die
buchstäbliche Vergöttlichung des Kopfes ist grandios und ein schlüssigerer
Ende als Dick ihn selbst oft hingekriegt hat.
Die Botin der Apotheke sieht vermutlich nur zufällig wie (ich finde und wie) eine bekannte
Tennisspielerin aus, die Köpfe im Glass sicher nicht zufällig wie die in
einer populären animierten Science Fiction Serie (und ich weiss nicht, ob mir das
gefällt), die Idee eines Horselover cults dagegen ist gut, aber
nicht grundsätzlich neu
und die graphische Gestaltung ist zumindest gefällig, aber die Kritik von
Comics ist diesem Blog nicht möglich.
Ein wenig unklar ist die Rolle der Figur Robert Farraday, der uns als
friend and confidant vorgestellt wird. Vermutlich ist er ein
Amalgam verschiedener (männlicher) Freunde Dicks, die in der Zeit zwischen
dem pink beam von 2–3–74 und Dicks (physischen) Tod Kontakt mit ihm
hatten und später darüber berichtet haben. Zuerst kommt (mir) da Tim
Powers in den Sinn, vielleicht auch K. W. Jeter, es gibt weitere. Optisch
erkenne ich Ähnlichkeiten zu beiden, aber – siehe oben – da fühlt sich
dieser Blog nicht berufen zu urteilen.
Man darf dem Comic aber eine mehr als oberflächliche Beschäftigung mit Philip K. Dicks Leben bescheinigen und der Leser kriegt wirklich eine schöne Geschichte erzählt. Tatsächlich entgeht dem Leser ohne gewisses Verständnis von Dick wohl eine Menge bei diesem Comic … das interessiert uns in diesem Blog nicht.
Man darf dem Comic aber eine mehr als oberflächliche Beschäftigung mit Philip K. Dicks Leben bescheinigen und der Leser kriegt wirklich eine schöne Geschichte erzählt. Tatsächlich entgeht dem Leser ohne gewisses Verständnis von Dick wohl eine Menge bei diesem Comic … das interessiert uns in diesem Blog nicht.
Unbedingt erinnert sei hier noch mal an
The Religious Experience of Philip K. Dick von Robert Crumb. Er
beschäftigt sich exklusiv mit Dicks pink beam Vision, ein Blick auf seine Darstellung
der Geschehnisse (und wer sucht, der findet sie vielerorten im Netz) ist eine schöne
Ergänzung zu diesem Comic. Über die letzte Veröffentlichung von Crumbs Comic
gibt es einen
Blogeintrag.
Wie üblich, gibt es auch
diese Ausgabe von Heavy Metal in vier Varianten:
-
Varianten: Cover B (links) und Cover C
- zusätzlich in der Variante “Limited Run – Metallic Foil Cover”
- Cover B: Recalculating von Gabriel Ippoliti
- Cover C von Phil Cohen
Man kann in diesem Blog anmerken, dass es bemerkenswert viele Comics gibt,
die das Leben von Philip K. Dick aufgreifen – und natürlich noch mehr, die
sein Werk adaptieren.
Was braucht man davon in seiner Sammlung?
Eigentlich ist dieser Comic mehr Philip K. Dick als Duffys Buch, er
nimmt Themen aus Dicks Leben und Werk auf. Der Comic ist aber sicher keine
Adaption und daher kein notwendiger Teil der Sammlung.
Finden kann man Heavy Metal #298, leider meist hinter der
Portomauer.
Es gibt mehr vom Illustrator Dwayne Harris auf seiner Webseite.
Eine umfassende Liste von Comics nach und über Dick mit bibliographischen
Daten findet sich auf der
Seite zu Comics hier im Blog.Es gibt mehr vom Illustrator Dwayne Harris auf seiner Webseite.
PS: Ein Hinweis auf diesen Comic findet sich in PKD Otaku #43 auf Seite 23:
A recent issue of Heavy Metal – they don’t date them anymore but this is number 298 – has a 16-page story called “Philip K. Dick’s Head Is Missing” by Michael David Nelsen & Dwayne Harris. It’s very strange.
Seinerzeit habe ich das glatt übersehen, aber jede neue Ausgabe von PKD Otaku bringt so viel Neues, dem man nachstöbern möchte & muss, dass auch mal was verloren geht.
Eine kleine Bibliographie
David F. Duffys Buch ist unter verschiedenen Titeln und in mehreren Ausgaben
erschienen:
-
Lost In Transit: The Strange Story of the Philip K Dick Android.
Melbourne University Press (2011). ISBN 978-0-52286062-7,
Paperback ISFDB
- How to Build an Android: The True Story of Philip K. Dick's Robotic Resurrection. Henry Holt and Co. (2012)*, ISBN 978-0-80509551-7, Hardcover. 288 Seiten – siehe oben
- How to Build an Android: The True Story of Philip K. Dick's Robotic Resurrection. Picador (2013) ISBN 978-1-25003215-7 Softcover. 288 Seiten
-
Losing the Head of Philip K. Dick. Oneworld Publications (2012),
ISBN 978-1-85168922-4, 272 Seiten – und natürlich gibt's das auch als
Hörbuch von Blackstone auf sechs Audio-CDs
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